Der Weg zum Open Banking ist für deutsche Verbraucher noch weit. Während europaweit Banken ihren Kunden seit September 2019 ermöglichen, ihre Kontodaten Drittdienstleistern zur Verfügung zu stellen, um damit Zahlungen auszulösen, bleiben Konsumenten in Deutschland weiterhin zögerlich. Nur 14 Prozent der deutschen Verbraucher sind aktuell bereit, ihre Daten mit Banken oder Drittanbietern zu teilen. Auch bei der Nutzung der Möglichkeiten des mobilen Bezahlens sind die Befragten zurückhaltend: Lediglich 6 Prozent bevorzugen es derzeit, Zahlungen über ihr Smartphone abzuwickeln (Europa: 10 %).
Mit 61 Prozent verwendet ein Großteil der hiesigen Konsumenten am liebsten Bargeld zum Bezahlen (Europa: 47 %). Darüber hinaus favorisieren 24 Prozent der deutschen Befragten ihre Girokarte und 9 Prozent schätzen Kreditkarten. Das sind die zentralen Ergebnisse der „European Payments“-Studie von Strategy&, der Strategieberatung von PwC.
„Open Banking ist ein weiterer Meilenstein, mit dem Europa internationale Standards setzt. Entscheidend für sinnvolle Open Banking-Services ist jedoch eine reichhaltige Datengrundlage. Insbesondere in Deutschland muss dafür allerdings die Nutzung moderner Bezahlverfahren erhöht werden. Deutsche Verbraucher erkennen noch nicht den praktischen Mehrwert der neuen Datenhoheit, die ihnen Open Banking bietet. Banken und FinTechs müssen hier deshalb noch viel Überzeugungsarbeit leisten und attraktive Dienstleistungen für ihre Kunden entwickeln“, erläutert Andreas Pratz, einer der Studienautoren und Partner bei Strategy& Deutschland.
Kaum Interesse an Smartphones als Zahlungsmittel
Bemerkenswert ist die Zurückhaltung deutscher Konsumenten bei der Nutzung des Smartphones als Zahlungsmittel: Ganze 77 Prozent haben daran keinerlei Interesse. Die Gründe für die vergleichsweise große Bargeldleidenschaft der Deutschen sind vielfältig:
- 44 Prozent der Befragten geben an, beim Bezahlen werde oft nur Bares akzeptiert.
- 27 Prozent fällt es leichter, die Übersicht über ihre Ausgaben zu behalten, wenn sie Bargeld nutzen.
- Für 22 Prozent steht die Bequemlichkeit beim schnellen Bezahlen mit Scheinen und Münzen im Vordergrund.
Dabei gibt es bereits zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten für mobiles Bezahlen. Branchenübergreifende Angebote in Bereichen wie Mobilität oder Internet of Things zeigen den Konsumenten die Vorteile des bargeldlosen digitalen Bezahlens auf. Bisher ist nur knapp ein Drittel der deutschen Befragten daran interessiert, für Mobilitätsangebote wie Parkgebühren mit ihrem Smartphone zu bezahlen. Weitere Anwendungsfelder wie Zahlungen via Smartwatch (9 %) oder mittels intelligenter Kühlschränke im Smart Home-Bereich (7 %) finden hingegen bislang noch wenige Anhänger.
Besonders das Thema Datenschutz spielt für deutsche Verbraucher eine zentrale Rolle. Für 59 Prozent der Befragten kommt es nicht in Frage, persönliche Daten im Austausch gegen besondere Vorteile herauszugeben. 5 Prozent würden ihre Daten für attraktive Angebote teilen, weitere 5 Prozent allerdings nur bei Anbietern, denen sie vertrauen. Für 4 Prozent sind sowohl die Qualität des Angebots als auch das Vertrauensverhältnis ausschlaggebend, 26 Prozent sind noch unentschlossen.
Optimismus von Experten ist groß
Im Gegensatz dazu glauben 93 Prozent der zusätzlich befragten Industrieexperten, dass Verbraucher ihre persönlichen Daten freigeben würden. Dieses offensichtliche Missverhältnis zeigt sich ebenfalls bei der Frage, wem Konsumenten ihre Daten zur Verfügung stellen würden. Neben mehr als zwei Dritteln der deutschen Befragten, die niemandem Zugang zu persönlichen Informationen gewähren möchten, vertrauen immerhin 23 Prozent der Deutschen den traditionellen Banken so weit, dass sie einem Datenaustausch zustimmen würden (Experteneinschätzung: 86 %). Bei externen Zahlungsdienstleistern sind es nur noch 13 Prozent (Experteneinschätzung: 62 %) und bei sogenannten Neobanken lediglich 3 Prozent (Experteneinschätzung: 64 %). Auch beim Vertrauen zu Internetgiganten ist der Optimismus der Industrieexperten ungleich größer: 57 Prozent von ihnen glauben daran, dass Verbraucher ihre Daten mit Anbietern wie Google, Amazon, Facebook oder Apple teilen würden – während tatsächlich nur 3 Prozent der Befragten dazu bereit wären.
Open Banking: Einheitliche Zahlungslandschaft ist Voraussetzung
Die wichtigsten Schritte für Europas Finanzinstitute bestehen darin, ein tragfähiges Modell für Open Banking zu entwickeln und die Dienstleistungen für die Kunden zu optimieren. Noch immer existieren in Europa mehr als 15 verschiedene nationale Systeme für Überweisungen, Zahlungen per Lastschrift und Karten sowie Instant Payments. Eine vereinheitlichte Zahlungslandschaft ohne parallel existierende Infrastrukturen würde den Banken zudem deutliche Kosteneinsparungen ermöglichen.
„Die Hoffnungen der Branche für Open Banking werden sich nur erfüllen, wenn sie die Kunden auch gänzlich dafür begeistern kann und den unbedingten Fokus auf ihre Bedürfnisse legt. Den Vertrauensvorsprung, den Banken und FinTechs vor den Big Tech-Akteuren beim Thema Datenschutz genießen, gilt es jetzt zu nutzen. Sie sind aufgefordert, überzeugende Services zu entwickeln: Bei der Verwaltung des eigenen Kontos, der Optimierung von Ausgaben oder weitergehenden Angeboten wie der Kreditgewährung zeigt sich großes Potential. Zudem sollten die Institute mit den zahlreich vorhandenen technologischen Möglichkeiten ihren Kunden das digitale Bezahlen genauso einfach, bequem und transparent wie mit Bargeld machen“, kommentiert Andreas Pratz.
Methodik: Im Rahmen der Studie wurden 2.500 Konsumenten aus zehn europäischen Ländern befragt: Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Österreich, Polen, Schweden, der Schweiz und Spanien. Die Umfrageergebnisse wurden durch Interviews mit 58 Industrieexperten aus 12 Ländern ergänzt: Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kroatien, Norwegen, Polen, der Schweiz, Slowenien, Spanien und Türkei.