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6 Thesen: Die Herausforderungen im Einkauf 4.0

csm_3257-Logo_50_Symposium_Einkauf_und_Logistik_cc44ea2e73Im Zuge der fortschreitenden Globalisierung richtet sich der Einkauf in vielen Unternehmen neu aus. Von den Veränderungen betroffen sind unter anderem die globale Organisation, das Warengruppenmanagement und die bereichsübergreifende Zusammenarbeit. „Das sind aber nur einige Herausforderungen, vor denen die Procurement-Abteilungen deutscher Industrieunternehmen derzeit stehen“, sagte Dr. Christoph Feldmann, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) auf dem 50. BME-Symposium in Berlin.

Nach Ansicht des BME wird die Digitalisierung der Lieferkette die Geschäftsmodelle revolutionieren. Die Digitalisierung des Einkaufs und seine enge Vernetzung nach innen und außen bieten die Möglichkeit, innovative Erfolgsstrategien für das gesamte Unternehmen zu entwickeln. Einkauf der Zukunft bedeutet Mehrwert durch Digitalisierung und Automation der Supply Chain. Einkauf 4.0 geht damit weit über E-Procurement und E-Sourcing hinaus.

Hier die aktuellen BME-Trends und Thesen für den Einkauf

1. Risk Management: Stresstest für den Einkauf

Finanzkrise, Naturkatastrophen, Währungsschwankungen: In den vergangenen Jahren hat der Einkauf die Auswirkungen vieler Krisen abfedern müssen und aus den zahlreichen Bewährungsproben gelernt. Es ist heute Aufgabe des Einkaufs, mögliche Bedrohungen rechtzeitig zu erkennen und zu bewerten. Nur dann ist eine schnelle Reaktion sowohl in der Planung als auch in der Steuerung möglich. Dazu gehören ein Kataster der Risiken und der Risikoanfälligkeit sowie ein Frühwarnsystem über Entwicklungen und Ereignisse, die eine Krise auslösen können. Da der Unternehmenserfolg immer stärker von externen Faktoren abhängt, die selbst nicht beeinflusst werden können, braucht es neue Ansätze im Risikomanagement. Nur gegen Kosten- und Qualitätsrisiken gewappnet zu sein, reicht nicht mehr aus. Viele Unternehmen überarbeiten ihr Risk Management und führen hocheffiziente Notfallpläne ein. So greif3 beispielsweise beim Automobilzulieferer Mann+Hummel im Krisenfall ein exakt definierter Emergency-Prozess. Seit der Finanzkrise kümmer3 sich im Einkauf zudem eine Vollzeitkraft einzig um die Themen Bottleneck und Risk Management. Beim Hersteller von Antriebstechnik, SEW-Eurodrive, helfe eine Critical-Supplier-Watch-List, Risiken frühzeitig zu erkennen und nach Eintrittswahrscheinlichkeiten zu priorisieren.

2. Marktdaten allein reichen nicht

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Dr. Christoph Feldmann, Hauptgeschäftsführer des BME

Die Volatilität der internationalen Märkte wächst stetig. Marktbeobachtung habe deshalb für den Einkauf einen hohen Stellenwert. Das allein reiche aber nicht. Die Herausforderung bestehe darin, aus der Vielzahl der Daten unternehmensrelevante Informationen zu generieren. Diese müssten so gut sein, dass sie Einkauf, Produktion und Vertrieb gleichermaßen als verlässliche Entscheidungshilfe dienen können. Das seo allerdings eine immer schwerer zu lösende Aufgabe und kein Alleinstellungsmerkmal einer einzelnen Branche.

3. Nächste Rohstoffpreisrally nur eine Frage der Zeit

Das zu Ende gehende Rohstoffjahr 2015 steht ganz im Zeichen sinkender Preise. Egal, welches Marktsegment betrachtet wird, überall fallen die Notierungen – und das zum Teil drastisch. Börse und Industrie fragen sich nun, ob und wenn ja, wie lange die Baisse an den internationalen Rohstoffmärkten anhält. Industrielle Einkäufer seien deshalb gut beraten, ihre aktuelle Beschaffungsstrategie so auszurichten, dass sie einer möglichen Kurs-Rally standhält. Es komme jetzt vor allem darauf an, die Unternehmen für die Bedeutung dieses Themas noch stärker zu sensibilisieren. Der BME stelle immer wieder fest, dass noch nicht jeder Rohstoffeinkäufer über das notwendige Know-how verfügt. Nur dann könne er optimal auf aktuelle Marktentwicklungen reagieren. Zwar beherrsche die große Mehrheit das „Standard-Handwerk“ und besitzt Rohstoff- und Rohstoffmarktkenntnisse. Allerdings gewinnen Rohstoffrecycling, Substitution und der Einsatz von Hedging-Instrumenten zur Preisabsicherung immer mehr an Bedeutung und fordern deshalb den Einkauf massiv heraus.

4. Ohne den Einkauf 4,0  findet Industrie 4.0 nicht statt

Nach Ansicht des BME wird die Digitalisierung der Lieferkette die Geschäftsmodelle revolutionieren. Die Digitalisierung des Einkaufs und seine enge Vernetzung nach innen und außen bieten die Möglichkeit, innovative Erfolgsstrategien für das gesamte Unternehmen zu entwickeln. Einkauf der Zukunft bedeutet Mehrwert durch Digitalisierung und Automation der Supply Chain. Einkauf 4.0 geht damit weit über E-Procurement und E-Sourcing hinaus. Produktionsentscheidungen können sich schneller an der Nachfrage orientieren, wenn der Einkauf entsprechend mitziehen kann, zum Beispiel durch den 3D-Druck. Damit werden auch Zulieferer enger an den Einkauf angebunden. Im Idealfall lassen sich Warenbestände automatisiert und in Echtzeit abfragen und anfordern.

Industrie 4.0 fordert zudem noch stärker die strategische Beschaffung: Neue, durch Verträge abgesicherte, Allianzen und Partnerschaften werden zur Realisierung kundenspezifischer Lösungen nötig sein. Herkömmliche Erzeugnisse und Produkte werden „intelligent“ und damit zu Kernkomponenten von Industrie 4.0. Die Prozesskompetenz und Marktexpertise des Einkaufs ist damit unverzichtbar zur Umsetzung des „Internets der Dinge und Dienste“. Ziel ist die vollintegrierte Steuerung der Lieferkette über viele Unternehmen hinweg – je nachdem, in welche Richtung sich der Markt entwickelt, wo beste Gewinnaussichten bestehen oder die niedrigsten Kosten anfallen.

Klar ist: Einkauf und Logistik unterstützen die Digitalisierung der Wirtschaft und treiben sie voran. Denn ohne Einkauf und Supply Chain kann das Internet der Dinge nicht stattfinden.

5. Neuer Einkäufertyp gefragt

Der wachsende internationale Wettbewerbsdruck zwinge auch den Einkauf, einen konkreten Beitrag zur Wertschöpfung zu leisten. Um erfolgreich zu sein, muss er aber sein Rollenverständnis kritisch überdenken und dem Unternehmen seine Beschaffungsstrategie überzeugend darlegen. Das heißt für die Mitarbeiter der Procurement-Bereiche, über den Tag hinauszudenken, die Herausforderungen für die gesamten innerbetrieblichen Prozessabläufe zu sehen sowie selbst Prozessverbesserungen anzustoßen und sich dafür einzusetzen.

6. Local und Global Sourcing zwei Seiten einer Medaille

Beide Beschaffungsstrategien müssen sich nicht ausschließen. Local Sourcing werde von deutschen Einkäufern zur Stärkung regionaler Netzwerke genutzt. Dort schlummere allerdings noch viel Potenzial. Kurze Wege zwischen Einkäufern und Lieferanten sorgen für enge persönliche Kontakte, schnelle Kommunikationswege, ein hohes Maß an Transparenz und geringe Transportkosten. Die sonst üblichen langwierigen und aufwendigen Lieferantenqualifikationen im Ausland entfallen. Komplizierte Lieferwege, undurchsichtige Ein- und Ausfuhrbestimmungen sowie weitere Transportrisiken gebe es beim Local Sourcing ebenfalls nicht.

Andererseits stelle auch das Global Sourcing einen enormen Hebel dar, um Geschäftspotenziale zu heben. Der deutsche Einkauf nutze die Standortvorteile in den attraktiven globalen Beschaffungsmärkten weiter intensiv.  Dabei stehe bei ihm nicht nur Asien hoch im Kurs. Vielmehr empfehlen sich auch leistungsfähige Lieferanten in Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas.

Im globalen Einkauf zeichnee sich mit „Go local“ ein weiterer Trend ab: weg vom Low Cost Country Sourcing hin zum Best Cost Country Sourcing. Die Umwandlung des standortbezogen agierenden Einkaufs in eine globale Einkaufsorganisation sei vielerorts in vollem Gange. Und wo es wirtschaftlich sinnvoll sei, werde lokal beschafft, entweder mit Lieferanten vor Ort oder mit globalen Suppliern, die ihre Fertigung in unmittelbarer Nähe zum eigenen Werk aufbauen.

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