Generation-Y-Kunden machen mit ihrem Versicherer weitaus weniger positive Erfahrungen als andere Altersgruppen – und das, obwohl sie viel öfter Kontakt haben. Doch nicht nur die steigenden Erwartungen der Kunden, sondern auch neue Technologien wie das Internet der Dingen könnten traditionelle Geschäftsmodelle aufbrechen.
Gerade in Deutschland falle die Differenz mit 23,1 Prozentpunkten für traditionelle und 20,8 Prozentpunkten für digitale Kanäle besonders hoch aus. Angesichts der sich wandelnden Anforderungen und Erwartungen der Generation Y (Jahrgänge 1980 bis 1999) sowie des steigenden Einflusses des Internets der Dinge auf Kundenalltag und Risiko-Haftung werde eine entsprechende Anpassung auf Seiten der Versicherer daher unvermeidbar. Andernfalls könnten neuartige Konkurrenten wie FinTech-Start-ups oder große Technologieunternehmen schon bald wesentliche Marktanteile gewinnen. Zu diesen Ergebnissen kommt der World Insurance Report 2016 (WIR) von Capgemini und Efma.
„Wenn es Versicherern nicht bald gelingt, die technikaffine Generation Y ausreichend an sich zu binden, werden es andere tun,“ so Dr. Uwe Korte, Leiter Business & Technology Versicherungen bei Capgemini. „Diese Altersgruppe gibt klare Signale, dass sie Geschäfte anders abwickelt als die Generationen vor ihr. Die Versicherer, die auf ihre Bedingungen eingehen, haben da einen klaren Wettbewerbsvorteil.“
Die 15.000 befragten Versicherungskunden des aktuellen WIR 2016 bestätigen, dass die Generation Y zwar den Kontakt mit Versicherern öfter sucht, sie dabei aber bedeutend unzufriedener ist als ihre Vorgängergeneration. Generation-Y-Kunden nutzen alle Kommunikationswege, um mit der Versicherung in Kontakt zu treten. Die digitalen Kanäle erfreuen sich dennoch der größten Beliebtheit: Kunden, die der Generation Y angehören, kommunizieren mit ihrer Versicherung zweieinhalbmal so häufig über soziale Netzwerke und greifen auch mehr als doppelt so oft zum Smartphone als ältere Versicherungskunden.
Kundenzufriedenheit in Deutschland variiert stark nach Alter
In Deutschland ist der beobachtete Unterschied in der Kundenzufriedenheit zwischen den Generationen besonders hoch. Während der Customer Experience Index (CEI), der die Bereiche Produkt, Kundenlebenszyklus und Kommunikationskanäle betrachtet, im Generationenvergleich eine Abweichung von 14,7 Indexpunkten misst, fällt die Differenz in der allgemeinen Kundenzufriedenheit mit 26,7 Prozent sehr deutlich aus.
Diese Unzufriedenheit der Generation Y ziehe sich durch alle Kanäle – digital wie traditionell. Während Internet via PC noch die besten Ergebnisse erzielt und 41,4 Prozent der Befragten Gen Ys hier Positives berichten, schneiden Vermittler mit lediglich 21,9 Prozent und das klassische Telefongespräch mit 27,9 Prozent am schlechtesten ab.
Ein außerdem beachtliches Ergebnis sei, dass deutsche Versicherungskunden digitale Kanäle für einen Versicherungsabschluss deutlich häufiger einsetzen als Kunden in anderen Ländern. 30 Prozent der Deutschen haben bereits eine Versicherung online abgeschlossen oder erneuert und ein Drittel plant dies auch in den kommenden zwölf Monaten. Im Fall der Generation Y treffe das sogar auf 37,4 Prozent der Befragten zu.
Neue Technologien noch immer unterschätzt
Die kommende Welle vernetzter Technologien wie Smart-Home-Ökosysteme, tragbare intelligente Geräte sowie maschinengesteuerte Drohnen, Roboter und Autos stellen eine grundlegende Bedrohung für die Zukunft der Versicherer dar. Diese Technologien könnten traditionelle Geschäftsmodelle aufbrechen: von der Art wie sich Versicherer mit ihren Kunden in Verbindung setzen, bis hin zu grundsätzlichen Bewertungsmethoden und dem Risikomanagement. Der WIR zeigt, dass Versicherungen immer noch unterschätzen, wie schnell sich diese Technologien im Alltag durchsetzen könnten. Während man in der Versicherungsbranche überzeugt ist, nur 16 Prozent der Kunden können sich fahrerlose Autos vorstellen, zeige tatsächlich bereits mehr als jeder Fünfte Interesse (23 %).
Technologieaffinität korreliert mit finanziellem Einkommen
Laut den Studienergebnissen scheint mehr noch als das Alter finanzieller Wohlstand ein entscheidendes Kriterium für die Adaption von IoT-Technologien zu sein. Während über 45 Prozent der wohlsituierten Generation-X-Kunden (Jahrgänge 1965 bis 1980) offen für intelligente Geräte im Alltag sind, gilt diese Aussage nur für 30 bis 35 Prozent der jüngeren, weniger vermögenden Befragten.
Bei Kunden, die sowohl finanziell gut dastehen, als auch der Generation Y angehören, ist die Adaptionsbereitschaft mit 50 Prozent am größten. Jedoch sind auch gerade diese Befragten am ehesten dazu bereit von der klassischen Versicherung abzurücken: Nahezu 31 Prozent aller vermögenden Kunden weltweit würden sich von einer Technologiefirma versichern lassen, sobald diese in den Versicherungsmarkt einsteigt; ein Wert, der für vermögende Generation Ys auf 47 Prozent ansteigt.
Internet der Dinge definiert das Versicherungsrisiko neu
Noch viel mehr als die Vernetzung der Kunden wird das Internet der Dinge jedoch die zentralen Grundlagen des Versicherungsgeschäfts beeinflussen. Die Menge an Daten, die von vernetzten Geräten, intelligenten Ökosystemen und Wearables zusammenkommt, könnte die Risikotransparenz im Versicherungsgeschäft deutlich erhöhen – eine Dynamik, die ganz besonders in der Preissetzung neue Geschäftsmodelle erzeugen wird.
Darüber hinaus soll sich angesichts der zunehmenden Vernetzung auch die Verantwortlichkeit für Risiken grundsätzlich neu verteilen. Im Falle von autonomem Fahren könnte sich beispielsweise die Haftung für Unfälle vom Fahrer auf den Hersteller verlagern und dadurch gänzlich neue Bedingungen schaffen. Der Report kommt außerdem zu dem Schluss, dass sogar die generelle Notwendigkeit, sich versichern zu lassen, schwinden könnte, wenn durch den beständigen Datenaustausch im Internet der Dinge sicherere Umgebungen geschaffen würden, die die Risikobelastung drastisch reduzierten.