Dem grenzüberschreitenden Datenzugriff durch nationale Polizeibehörden, wie er von EU-Justiz-Kommissarin Vera Jourova vorgeschlagen wurde, müssen engste Grenzen gesetzt werden. VOICE befürwortet zwar ein digital wehrhaftes Europa, erwartet aber auch in Zeiten von Terrorattacken und Terrorangst die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit. Außerdem fordert der Bundesverband eine enge Absprache mit den beteiligten Anwenderverbänden bevor der Kommissionsvorschlag in einen Gesetzentwurf einfließt.
Wir möchten, dass Europa und seine Nationen auch im Bereich digitaler Daten wehrhaft werden und es so Terroristen schwerer gemacht wird, ihre Terrorakte unentdeckt digital zu verabreden und zu organisieren. Dennoch muss bei der Strafverfolgung die Rechtsstaatlichkeit gewahrt und die nationalen Rechte berücksichtigt werden. Wir wollen auf keinen Fall, dass nationalen Polizeibehörden das Recht eingeräumt wird, direkt auf die Daten der IT-Provider in anderen europäischen Ländern zuzugreifen – ohne Rücksprache mit den zuständigen Behörden oder den IT-Providern“, erklärt Dr. Thomas Endres, Vorsitzender des Präsidiums von VOICE, dem Bundesverband der IT-Anwender und Präsident der größten europäischen Vereinigung von IT-Entscheidern, EuroCIO.
Ein solcher unkontrollierter Zugang würde nicht nur den nationalen und europäischen Datenschutz ad absurdum führen, sondern er würde auch das Misstrauen der Unternehmen gegenüber der Vernetzung, der Digitalisierung und gegenüber dem Cloud-Computing wieder aufleben lassen. Allerdings würde sich das Misstrauen dann nicht mehr gegen die Sicherheit der IT-Provider oder gegen Spionage durch fremde Mächte wie China, Russland oder USA richten, sondern gegen die Behörden der europäischen Nachbarn.
„Mit dem Vorschlag der EU-Kommissarin fördern wir weder den Zusammenhalt der europäischen Staaten noch den digitalen europäischen Binnenmarkt“, erklärte Endres. Stefan Schumacher, Vorsitzender des Vereins Trusted Cloud, der Cloud-Anbieter in Sachen Datenschutz und Sicherheit prüft, ergänzt: „Mit unseren Gütesiegeln für Cloud-Anbieter arbeiten wir daran, das Vertrauen in das Cloud-Computing zu erhöhen. Dabei werden wir von der Bundesregierung tatkräftig unterstützt. Ein Vorschlag wie der der EU-Kommission würde diese Anstrengungen torpedieren. Außerdem sollte ein solcher Vorschlag nicht öffentlich gemacht werden, bevor er mit Fachleuten und Experten der einschlägigen Verbände diskutiert worden ist.“
EU-Kommissarin Jourova hatte am Mittwoch dieser Woche laut Presseberichten der Nachrichtenagentur Reuters und der britischen Publikation „The Guardian“ Vorschläge der EU-Kommission vorgestellt, um den Datenzugriff nationaler Ermittlungsbehörden in Europa zu beschleunigen und auszuweiten. Diese Vorschläge gehen soweit, nationalen Polizeibehörden in bestimmten Situationen das Recht einzuräumen, auf die Server von IT-Providern in Europa direkt zuzugreifen. Bisher müssen Ermittlungsbehörden, die in anderen Ländern ermitteln wollen, die Erlaubnis des betroffenen Landes einholen (Details dazu berichten The Guardian, Golem und die Nachrichtenagentur Reuters).