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VW verliert Spitzenplatz bei den weltweit größten Forschungs- und Entwicklungsbudgets an Amazon

Mit Amazon belegt erstmals ein Hightech-Unternehmen den internationalen ersten Platz als Unternehmen mit dem größten F&E-Budget. Nachdem Volkswagen fünf Jahre lang das Ranking anführte, ziehen nun erstmals vier Digitalunternehmen an dem Automobilkonzern vorbei und dieser erreicht nur noch Platz fünf. Die Plätze zwei bis vier belegen Alphabet, Intel und Samsung.

Quelle: Strategy& | PwC

Laut der diesjährigen „Global Innovation 1000“-Studie von Strategy&, den Strategieberatern von PwC erreichen die Budgets für Forschung und Entwicklung (F&E) der 1000 größten börsennotierten Unternehmen weltweit  2017 einen neuen Höchststand: Mit einem Gesamtwert von rund 702 Mrd. US-Dollar investieren die Unternehmen 3,2 Prozent mehr als noch 2016 (680 Mrd. US-Dollar).

Die globale Forschungsintensität (Anteil der gesamten F&E-Ausgaben an den Gesamtumsätzen) erreicht mit 4,5 Prozent ebenfalls ein Allzeithoch (+6 % im Vergleich zum Vorjahr). Die untersuchten deutschen Unternehmen geben 2017 mit 50,8 Mrd. Euro rund 4,3 Prozent mehr für Forschung und Entwicklung aus als 2016 (48,7 Mrd. Euro).

Amerikanische Digitalriesen dominieren

„Ein Blick auf die diesjährigen Top 3 verdeutlicht die Vorherrschaft der amerikanischen Digitalriesen bei Innovationsthemen. Diese US-Dominanz spiegelt sich auch beim Blick auf die Top 20 wider: Zusammen mit Microsoft, Apple, Oracle, Cisco und Neueinsteiger Facebook stellen sie einen Großteil der 20 forschungsintensivsten Firmen weltweit und bauen ihre Vorreiterrolle weiter aus. Neben VW schafft es mit Daimler auf Platz 16 aus deutscher Sicht nur ein weiteres Unternehmen ins internationale Top-20-Ranking – deutsche Digitalunternehmen sucht man vergeblich. Angesichts der massiven Investitionen der US-amerikanischen Digitalunternehmen muss Deutschland in diesem Bereich dringend aufholen“, kommentiert Dr. Peter Gassmann, Chef von PwC Strategy& Europe.

In den deutschen Top 5 ändert sich im Vergleich zum Vorjahr nichts: VW belegt mit seinem F&E-Budget von 12,2 Mrd. US-Dollar national weiterhin Platz eins vor Daimler (6,9 Mrd. US-Dollar), Siemens (5,5 Mrd. US-Dollar), Bayer (4,9 Mrd. US-Dollar) und BMW (4,5 Mrd. US-Dollar). Auf Rang sechs und Rang elf stehen mit SAP und Infineon wie schon 2016 zumindest zwei Digitalunternehmen in den deutschen Top 20.

Ökonomischer Nationalismus birgt Risiken

Wie eine ergänzende internationale Umfrage unter 562 F&E-Verantwortlichen ergab, spielt der zunehmende ökonomische Nationalismus einiger Länder eine immer größere Rolle bei der mittel- und langfristigen Planung von Forschung- und Entwicklungsaktivitäten. Bereits 2015 gaben 94 Prozent der im Rahmen der „Global Innovation 1000“-Studie untersuchten Unternehmen an, dass sie ihre Forschungsaktivitäten in verschiedenen Ländern durchführen. Der zunehmende politische Fokus auf Einreise- bzw. Einwanderungsregulierungen stelle für einige Manager die Struktur der internationalen F&E-Netzwerke ihrer Unternehmen in Frage. So gaben ca. ein Drittel der Befragten an, dass sie die Auswirkungen des ökonomischen Nationalismus schon im Bereich der Talent-Rekrutierung oder -Bindung spüren. Ihrer Ansicht nach entstehen hieraus vor allem Risiken für die USA (63 %), China (44 %) und Großbritannien (34 %), während Kanada, Deutschland und Frankreich von dem Trend profitieren.

„Das Stimmungsbild unter den Befragten verdeutlicht die Planungsunsicherheit, mit der sich F&E-Manager angesichts der schärfer werdenden politischen Rhetorik konfrontiert sehen. Mittelfristig könnten liberalere Länder von dieser Entwicklung profitieren, wenn etwa multinationale Konzerne Forschungsprogramme verlagern. Generell müsste sich in diesem Kontext aber auch das globale Innovationsmodell weiterentwickeln. Was heute bei vielen Unternehmen ein flexibles, aber intern voneinander abhängiges Netzwerk ist, könnte zu autonomeren F&E-Hubs werden. Unternehmen müssten verstärkt auf regionale Forschungszentren mit lokalen Talenten setzen und angesichts steigender Kosten ein besonderes Augenmerk auf die Effizienz legen“, so Gassmann.

Große Budgets alleine reichen nicht

Hohe F&E-Ausgaben garantieren jedoch keinen Platz im Ranking der als am innovativsten wahrgenommenen Unternehmen, wie die Manager-Umfrage zeigt: Nach Meinung der Befragten ist Alphabet der Konzern mit der größten Innovationskraft, womit die Google-Mutter erstmals Apple auf den zweiten Platz vor Amazon auf Platz drei verweist. Platz vier sichert sich Tesla, trotz seines im Vergleich zu den anderen großen Automobilkonzernen wesentlich geringeren F&E-Budgets. Im Ranking folgen Microsoft, Samsung, GE, Facebook und IBM. Neu auf Platz zehn ist die chinesische Unternehmensgruppe Alibaba. Weiterhin befindet sich jedoch kein europäisches Unternehmen unter den Top 10.

Quelle: Strategy& | PwC

„Dass große Budgets allein nicht ausreichen, zeigen auch die Finanzkennzahlen der innovativsten Unternehmen. So sind deren Umsätze in den vergangenen fünf Jahren im Schnitt um 50 Prozent gewachsen, während die Umsätze der zehn Unternehmen mit den weltweit höchsten F&E-Ausgaben im Vergleich um 39 Prozent zulegten. Ohne visionäre Ideen und eine strategische Umsetzung von Forschungsprojekten werden auch Unternehmen mit großen Budgets auf der Strecke bleiben“, schließt Gassmann.

Methodik: Für die Studie identifizierte Strategy& die 1000 börsennotierten Unternehmen mit den höchsten veröffentlichten F&E-Ausgaben weltweit. In einem zweiten Schritt wurden für die Studie die wichtigsten Finanz-, Umsatz, Ertrags-, Kosten- und Profitabilitätskennzahlen der vergangenen zwölf Jahre analysiert und in Zusammenhang mit den historischen Ausgaben für F&E gebracht. Die Zuordnung der Unternehmen zu Weltregionen richtet sich nach der Angabe des Unternehmenssitzes. Die F&E-Ausgaben, die Siemens etwa in den USA tätigt, fließen somit in die Region Europa ein. Darüber hinaus wurden im Rahmen einer Befragung unter internationalen Managern die innovativsten Unternehmen der Welt ermittelt.

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