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Digitalisierung in der Autobranche: Die traditionelle Wertschöpfungskette reißt

Quelle: McKinsey

Das automobile Aftersales-Geschäft wird sich bis 2030 grundlegend verändern: Bis zu 100 Milliarden Euro – 40 Prozent des Gesamtgewinns der Branche – werden sich zwischen Autoherstellern, Zulieferern, unabhängigen Werkstätten, Teilehändlern und neuen Wettbewerbern wie Technologieunternehmen neu verteilen. Die Umsätze aus dem Servicegeschäft und dem Handel mit Ersatzteilen werden nur noch um rund 3 Prozent pro Jahr ansteigen: von heute knapp 800 Mrd. Euro auf 1,2 Bio. Euro im Jahr 2030. Der Anteil von Aftersales an den Gesamtumsätzen der Autoindustrie wird von heute 25 auf dann 19 Prozent zurückgehen.

Dies ist ein Hauptergebnis der Studie „Ready for inspection – The automotive aftermarket in 2030“, für die McKinsey & Company global Szenarien für die Zukunft des Aftersales-Geschäfts entwickelt und knapp 50 Industrieexperten befragt hat.

Jeder Zweite würde Werkstattempfehlung des vernetzten Autos folgen

„Das Aftersales-Geschäft war lange Zeit ein verlässlicher Umsatz- und Gewinngarant für Hersteller, Zulieferer und Werkstätten. Diese Zeiten gehen zu Ende“, sagt Bernd Heid, Seniorpartner im Kölner Büro von McKinsey und Co-Autor der Studie. „Durch die Digitalisierung reißt die traditionelle Wertschöpfungskette zwischen Originalteileherstellern und Zulieferern, Teilehändlern und Werkstätten auf. Neue Spieler aus dem E-Commerce drängen in diesen Markt.“ Bis 2020 könnten schon bis zu 15% der Autoteile in Nordamerika und Europa online verkauft werden. 70 Prozent der befragten Experten sind sich sicher: Neue Digitalspieler werden sich einen signifikanten Anteil an den Umsätzen der Branche sichern.

Quelle: McKinsey

„Die Digitalisierung erhöht die Preistransparenz für die Endkunden“, erläutert Sebastian Kempf, Partner im Düsseldorfer Büro von McKinsey und ebenfalls Co-Autor der Studie. „Denkbar ist zudem, dass ein vernetztes Auto automatisch Werkstattempfehlungen ausspricht.“ Mehr als jeder zweite Autofahrer (58 %) in den USA, Deutschland, Brasilien und China würde dieser Empfehlung folgen. Auch die technologische Entwicklung im Fahrzeug wird den Aftermarket verändern: Die zunehmende Zahl an Elektroautos – mit ihrem geringeren Verschleiß – und die Entwicklung hin zum automatisierten Fahren – mit weniger Unfällen – könnte das Wachstum im deutschen Aftersales-Geschäft um bis zu 10 Prozent dämpfen.

10 Trends im Aftersales-Bereich

Die Studie fasst die wesentlichen Entwicklungen, die sich auf das Aftersales-Geschäft auswirken, in zehn Trends zusammen:

  • die Digitalisierung bestehender Vertriebskanäle und Schnittstellen mit entsprechend höherer Preistransparenz,
  • die durch Big Data und Advanced Analytics mögliche detaillierte Analyse von Kunden- und Fahrzeugdaten, um neue Preismodelle und Angebote zu machen,
  • die zunehmende Bedeutung von Flottenkunden, für die ein differenziertes Angebot bereitgestellt werden muss,
  • attraktive Wachstumschancen nur noch in den aufstrebenden Märkten wie China. Dort wächst der Markt mit 7,5 Prozent und wird damit 2030 fast ein Viertel des weltweiten Gesamtumsatzes im Aftermarket ausmachen,
  • die Umstellung auf E-Mobilität, die neue technischen Kompetenzen erfordert – z.B. bei der Batterie – und den Verschleiß senkt,
  • die steigende Bedeutung von Software für das Auto; und damit einhergehend ein stärkerer Fokus auf Service statt auf das klassische Geschäft mit Autoteilen,
  • die Entwicklung hin zum automatisierten Fahren mit weniger Unfällen und langfristig weniger benötigten aktiven Sicherheitsfeatures im Auto,
  • vernetzte Fahrzeuge, die einerseits vorausschauende Serviceintervalle auf der Basis der Fahrzeugdaten und neue Geschäftsmodelle (z.B. Restaurantempfehlungen) ermöglichen,
  • der Aufstieg neuer Wettbewerber – z.B. aus dem E-Commerce-Geschäft,
  • Eine noch stärkere Konsolidierung der Aftermarket-Welt durch Fusionen und Übernahmen.

„Das automobile Aftersales-Geschäft wird in den kommenden Jahren stark in Bewegung geraten“, sagt Kempf. Autohersteller müssten sich daher noch stärker auf den individuellen Kunden konzentrieren und zusätzlich die Chancen in den aufstrebenden Märkten stärker nutzen. Kempf: „Zulieferer hingegen sollten unter anderem über Markendifferenzierung nachdenken, um preisbewussten, onlineaffinen Kunden ein attraktives Angebot zu machen.“

Auch Teilehändler sollten die Digitalisierung aktiv nutzen, beispielsweise indem sie die vielfältigen Daten aus ihrer Logistikkette besser auswerten. Für Werkstätten gelte es, einerseits kontinuierlich in die Weiterbildung der Mitarbeiter zu investieren, um mit E-Mobilität und automatisiertem Fahren Schritt zu halten; und anderseits die Kunden auch auf digitalen Kanälen besser anzusprechen.

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