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Digitalisierung der Finanzbranche: Beim Online-Banking sind nur noch Senioren zurückhaltend

Für die große Mehrheit der Bundesbürger gehört Online-Banking heute zum Alltag. 7 von 10 Deutschen ab 16 Jahren  nutzen inzwischen Online-Banking, vor einem Jahr lag der Anteil erst bei 62 Prozent. Je nach Altersgruppe gibt es dabei deutliche Unterschiede. So sind 85 Prozent der 16- bis 29-Jährigen Online-Banking-Nutzer, bei den 30- bis 49-Jährigen liegt der Anteil sogar bei 93 Prozent und unter den 50- bis 64-Jährigen sind es immerhin noch 83 Prozent. Nur die Senioren ab 65 Jahren sind mit einem Anteil von 21 Prozent weiterhin zurückhaltend.

„Online-Banking ist bereits heute der absolute Standard und wird sich in den kommenden Jahren noch weiter verbreiten. Die Kunden haben damit eine bequeme, sichere und jederzeit verfügbare Möglichkeit, ihre Geldgeschäfte zu erledigen“, kommentiert Bitkom-Präsident Achim Berg die Ergebnisse einer Befragung im Auftrag des Digitalverbands. „Für die Banken und Sparkassen bedeuten die Digitalisierung der Finanzbranche und das veränderte Kundenverhalten einen grundlegenden Umbruch, der etablierten Anbietern ebenso wie Digitalunternehmen und innovativen Fintechs riesige Chancen bietet.“

Digitale Angebote sind erstmals so wichtig wie persönliche Beratung

Der Trend zum Online-Banking dürfte sich in den kommenden Jahren fortsetzen. Erstmals sind zwei Dritteln der Bundesbürgern (67 %) digitale Angebote wie Online-Banking oder Banking-Apps wichtig bei der Auswahl ihrer Bank. Vor einem Jahr waren es mit 57 Prozent noch deutlich weniger. Zugleich hat die Bedeutung der persönlichen Beratung am Schalter abgenommen, von 73 Prozent auf nun 67 Prozent. Damit legen mehr Kunden Wert auf digitale Angebote als etwa auf das Vorhandensein vieler Bankfilialen, die schnell zu erreichen sind (58 %) oder eine bekannte Marke (56 %). Jeder dritte Bundesbürger (36 %) findet wichtig, dass seine Bank Mobile-Payment wie Google Pay oder Apple Pay anbietet. „Wir erleben gravierende Verschiebungen im Verhältnis der Kunden zu ihrer Bank. Banken, die diese Veränderungen erkennen und ihr Angebot anpassen, können sich gerade jetzt einen Wettbewerbsvorteil verschaffen“, so Berg.

Weiterhin am wichtigsten sind den Deutschen bei der Auswahl ihrer Bank die Kosten. So achtet die große Mehrheit auf die Höhe der Kontoführungsgebühren (95 %), die Anzahl der kostenlos nutzbaren Geldautomaten (95 %) sowie die Höhe der Einlagensicherung der Bank (94 %). Zwei Dritteln (69 %) ist der gebührenfreie Zugang zu Bargeld im Ausland wichtig.

Treue zur Bank nimmt ab

Für Banken und Sparkassen bedeutet diese Entwicklung, dass sich der Wettbewerb verschärfen dürfte – nicht zuletzt weil die Treue zur Hausbank abnimmt. Hatte vor einem Jahr gerade einmal jeder dritte Bundesbürger schon einmal sein hauptsächlich genutztes Girokonto gewechselt, ist dieser Anteil inzwischen auf 41 Prozent gestiegen. Mehr als die Hälfte von ihnen (57 %) hat ihr Konto sogar dreimal oder häufiger gewechselt (2018: 45 %).

Auch reine Online-Banken werden dabei für die Kunden immer interessanter. So sagt heute jeder siebte Bundesbürger (14 %), dass er mit seinem hauptsächlich genutzten Konto bereits bei einer reinen Online-Bank ist (2018: 9 %). Und rund jeder Achte (13 %) hat diesen Wechsel für die kommenden zwölf Monate fest geplant (2018: 8 %) und weitere 19 Prozent (2018: 19 %) können sich das für die Zukunft vorstellen.

Fast jeder Zweite (47 %) bemängelt allerdings, dass die deutschen Geldhäuser bei ihren Digitalangeboten im internationalen Vergleich weit zurück sind. Rund jeder Dritte (29 %) kann sich vorstellen, ein Konto nicht bei einer Bank, sondern bei einem Digitalunternehmen wie Google, Apple oder Amazon zu eröffnen, wenn dies angeboten wird.

Eine steigende Zahl von Bundesbürgern sieht persönliche Vorteile durch die Digitalisierung der Finanzbranche. So sagen 31 Prozent (2018: 27 %), dass die Digitalisierung dazu führt, dass Bankgeschäfte immer günstiger werden. Und 41 Prozent (2018: 33 %) sind überzeugt, dass ihnen digitale Technologien helfen können, die eigenen Finanzen zu optimieren. Jeder Fünfte (21 %) würde sich wünschen, dass er Angebote bekäme, wie etwa die Analyse der Kontobewegungen um Sparmöglichkeiten aufzuzeigen. Das sind fast doppelt so viele wie noch vor einem Jahr (12 %). „Die EU-Zahlungsdienstrichtlinie PSD2 hat dafür gesorgt, dass der Kunde und nicht mehr die Bank über Kontodaten und Kontobewegungen verfügt. Das steigende Interesse an digitalen Informations- und Beratungsangeboten ist eine riesige Chance, auch für Startups“, sagte Berg.

15 Millionen besuchen keine Bankfiliale mehr

Einen schweren Stand hat die klassische Bank-Filiale. Rund jeder dritte Online-Banking-Nutzer (31 %) gibt an, dass er seine Bankgeschäfte ausschließlich online tätigt und gar keine Filiale mehr aufsucht. Das heißt: 15 Millionen Bundesbürger ab 16 Jahren gehen nie in eine Bankfiliale. Jeder zweite Online-Banking-Nutzer (54 %) geht nur hin und wieder in eine Filiale und nutzt überwiegend die Online-Angebote. Eine große Mehrheit (86 %) erwartet, dass die Zahl der Bankfilialen in den kommenden zehn Jahren stark zurückgehen wird. Jeder Zweite (48 %) rechnet sogar damit, dass es in 20 Jahren keine Filialbanken mehr geben wird.

„Praktisch alle Banking-Anwendungen und Finanzberatungen lassen sich schon heute genauso gut, wenn nicht sogar besser online durchführen“, so Berg. „Online-Banking bedeutet aber nicht, dass der Kunde auf eine persönliche Beratung verzichten muss. Er muss dafür nur nicht mehr zu festgelegten Öffnungszeiten in eine Filiale kommen, sondern er erhält sie online, telefonisch oder per Video bequem zu Hause oder wo immer er sich gerade befindet.“

Online-Banking: Zufriedene Nutzer und Trend zum Mobile-Banking

Erstmals setzt mehr als die Hälfte der Online-Banking-Nutzer (52 %) ihr Smartphone für Bankgeschäfte ein. Vor einem Jahr lag der Anteil nur bei 44 Prozent, 2015 erst bei 34 Prozent. Vor allem die Jüngeren setzen auf Mobile-Banking: Unter den 16- bis 29-jährigen Online-Banking-Nutzern verwenden sogar fast zwei Drittel (63 %) ihr Smartphone. Am häufigsten für Online-Banking werden weiterhin das Notebook (81 %) sowie der Desktop-PC (56 %) genutzt, 45 Prozent verwenden ihren Tablet Computer.

Wer Online-Banking nutzt, ist mit dem Angebot überwiegend zufrieden. So sagt jeweils eine große Mehrheit, das eigene Online-Banking bietet alle Funktionen, ist sicher, ist einfach zu bedienen und ist übersichtlich. Zwei Drittel der Online-Banking-Nutzer geben zudem an, dass ihnen Online-Banking Spaß macht, vor einem Jahr waren es erst 58 Prozent. Dass Internetnutzer auf Online-Banking verzichten, liegt vor allem daran, dass sie Angst haben, Daten könnten in falsche Hände geraten (61 %). Es liegt aber auch am Wunsch nach Kontakt mit Menschen bei Bankgeschäften (57 %) sowie an der Gewohnheit (56 %). 2 von 5 Offline-Bankern haben Angst vor Kriminellen (42 %) oder finden Online-Banking zu kompliziert (38 %).

Quelle: Bitkom

Online-Versicherungen: Jüngere stehen Angeboten offener gegenüber

Etwas zurückhaltender als beim Online-Banking sind die Bundesbürger noch beim Online-Abschluss einer Versicherung. Erst jeder Zweite (51 %) hat schon mal eine Versicherung online abgeschlossen, weitere 16 Prozent können sich das für die Zukunft vorstellen. Allerdings sind Jüngere bei dieser Frage deutlich aufgeschlossener: Zwei Drittel (65 %) der 16- bis 29-Jährigen haben bereits online eine Versicherung abgeschlossen, weitere 14 Prozent können es sich für die Zukunft vorstellen.

„Viele Versicherungen sind heute anders als klassische Bankgeschäfte noch kompliziert und beratungsintensiv. Wir erleben aber gerade einen Trend zu verständlichen, einfacher aufgebauten Versicherungen, die zum Beispiel statt langer Laufzeiten ein Risiko On-Demand für wenige Tagen oder Wochen absichern“, so Berg. „Der Trend zur Online-Versicherung wird sich umso mehr verstärken, je einfacher und übersichtlicher die Anbieter ihre Policen gestalten.“

Vor allem bei der Frage nach der Qualität der Beratung scheiden sich die Geister. So sagen 39 Prozent der Befragten, die sich vorstellen können, online eine Versicherung abzuschließen oder dies bereits getan haben, dass Versicherungsberater versuchen ihnen Dinge zu verkaufen, die sie nicht brauchen oder die zu teuer sind. Dagegen fühlen sich 30 Prozent online besser informiert, 24 Prozent sagen, dass sie online die Angebote besser vergleichen können und 20 Prozent fühlen sich weniger zu einem Abschluss unter Druck gesetzt. Jeder Vierte (27 %) gibt an, Online-Angebote seien billiger, jeder Fünfte (20 %) hat nur außerhalb üblicher Öffnungszeiten Zeit, sich mit Versicherungsfragen zu beschäftigen.

Auf der anderen Seite sagen 3 von 5 (57 %) derjenigen, die sich nicht vorstellen können, online eine Versicherung abzuschließen, dass sie die ausführliche Beratung im persönlichen Gespräch bevorzugen. Jeder Zweite ist sich sicher, bessere Informationen im persönlichen Gespräch zu erhalten und jeder Fünfte (22 %) hat bereits gute Erfahrungen mit Versicherungsberatern gemacht. Jeweils rund jeder Dritte hat Angst, dass seine persönlichen Daten online in falsche Hände geraten (39 %) oder vor Cyberkriminellen oder Hackern (35 %). Nur 15 Prozent glauben, dass sie offline günstigere Angebote bekommen als online.

Banken und Versicherungen rücken enger zusammen

In Zukunft könnten Online-Banking und Online-Versicherungen enger zusammenrücken. So ist jeder zweite Online-Banking-Nutzer (49 %) offen dafür, seine Versicherungsangelegenheiten künftig direkt auf der Online-Banking-Seite seiner Bank oder Sparkasse abzuwickeln. Berg: „Wir werden in den kommenden Jahren ein Zusammenwachsen von Online-Banking und Online-Versicherungsangeboten erleben. Für die Kunden heißt das, dass sie die Möglichkeit erhalten, ihre Finanzangelegenheiten bequem an einem Ort digital zu erledigen.“

Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverband Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 1.005 Bundesbürger ab 16 Jahren telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ für die Gesamtbevölkerung.

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