Deutsche Unternehmen haben ein grundsätzliches Bewusstsein dafür, dass es notwendig und sinnvoll ist, ihre Preise dynamisch zu gestalten. Vier von zehn Firmen passen die Preise für ihre Produkte und Services mindestens wöchentlich an – obwohl ihnen dafür vielfach digitale Unterstützung fehlt. Denn nur jedes fünfte Unternehmen kalkuliert die Preise und Angebote automatisch – es fehlt die nötige IT-Unterstützung.
„80 Prozent der Studienteilnehmer haben keine automatische Preiskalkulation für ihre Produkte und Angebote. Diese Unternehmen verschenken die Chance, ihre Vertriebseffizienz beträchtlich zu steigern“, kommentiert Prof. Dr. Nikolas Beutin, Leiter Customer Practice bei PwC Europe, die Ergebnisse der aktuellen Ausgabe des „Sales Radar“.
Dynamische Kriterien bei Preisgestaltung kaum berücksichtigt
Eine dynamische Preisgestaltung ist mittlerweile weit verbreitet: Rund 40 Prozent der Befragten setzen auf unterjährig schwankende Preise für ihre Produkte und Services. Über die Hälfte davon (54 %) passt die Preise um bis zu 10 Prozent an. Im Schnitt beträgt die Preisfluktuation 15 Prozent.
Als Kriterium, das den größten Einfluss auf die Preisgestaltung hat, gilt wie eh und je die Auftragsgröße. Drei Viertel der befragten Firmen berücksichtigen diesen Aspekt bei der Kalkulation der Preise. Für 70 beziehungsweise 66 Prozent beeinflussen der Kundenwert/das Kundenpotenzial und die Wettbewerbssituation die Preisgestaltung.
„Weitere wichtige Kriterien wie Auslastung, Nachfrage, Wetter, Vertriebskanal oder die jeweilige Saison berücksichtigen noch viel zu wenige Unternehmen. Nur rund jeder Vierte kalkuliert auch diese Aspekte mit ein“, analysiert Beutin.
Pricing noch nicht in der Unternehmensstruktur verankert
Das liegt auch daran, dass viele Unternehmen das Thema Pricing noch nicht fest in ihrer Struktur verankert haben. 60 Prozent der Befragten fehlt eine eigene Pricing-Abteilung. Vier von zehn Unternehmen haben immerhin klare Pricing-Verantwortlichkeiten in einer Abteilung oder Rolle definiert. Bei der Mehrheit liegen diese im Vertrieb (38 %) oder bei der Geschäftsführung (22 %).
Das größte Versäumnis deckt die Umfrage bei der praktischen Berechnung der Preise auf: Nur jedes fünfte Unternehmen kalkuliert die Preise und Angebote automatisch. Von den 80 Prozent der Unternehmen, die keine automatische Kalkulation haben, berechnet ein Drittel die Preise für Standardprodukte zwar teilautomatisiert, für Spezialprodukte jedoch individuell. Drei von zehn Firmen berechnen sogar komplett händisch, während 17 Prozent auf eine halbautomatische Kalkulation mit einer Überprüfung und Anpassung durch den Vertrieb setzen.
Nur eine kleine Minderheit nutzt spezielle Software
„Die Kalkulation von Preisen findet überwiegend mit individuellen Tools und wenig dynamischen Tabellenblättern statt. Extrem hilfreich bei der Preisberechnung sind jedoch spezielle CPQ-Tools. Deren Einsatz ist allerdings noch stark ausbaufähig“, so Beutin. Nur drei Prozent der Befragten nutzen eine CPQ-Software (Configure Price Quote) zur Kalkulation von Angebotspreisen. Zwei Drittel verwenden für die Preiskalkulation separate, teilweise selbst entwickelte Tools, zum Beispiel auf Excel-Basis.
Investitionen in eine Unterstützung bei der Preisgestaltung lohnen sich jedoch. Denn die Studie belege: Dynamisches, automatisiertes Pricing wirkt sich positiv auf die Vertriebseffizienz aus, vor allem im Innendienst und beim Customer Service. „Die Ergebnisse zeigen: Wer Angebote und Preise vollautomatisch, beispielsweise per CPQ, kalkuliert, kann die Effizienz seines Vertriebs durchschnittlich um mindestens 14 Prozent steigern, meist geht sogar noch mehr“, sagt Beutin.
Aber auch auf das Preiserhöhungspotenzial habe die dynamische Preisgestaltung einen positiven Effekt. „Unsere Studie zeigt, dass Unternehmen durch ein faktorbasiertes dynamisches Pricing ihre Preise um durchschnittlich 3,9 Prozent anheben können. Es ist nur wenig verständlich, warum die deutschen Firmen so zögerlich mit der Dynamisierung und Automatisierung ihres Pricings sind“, erklärt Beutin.
Fehlende IT-Investitionen als größte Hürde
Die größte Hürde für die Umsetzung einer digitalen Preiskalkulation sind jedoch fehlende IT-Investitionen. Das sagen 56 Prozent der Befragten. Jeder Zweite hält die schlechte Datenqualität für die größte Barriere. 41 Prozent sind der Meinung, dass die Kunden eine dynamische Preisgestaltung nicht akzeptieren.
Diese Sorge will der PwC-Experte zerstreuen: „In einer Umfrage unter Konsumenten haben wir im vergangenen Jahr herausgefunden, dass die Mehrheit der Deutschen dynamische Preise für vertretbar hält, sofern sich diese nicht ständig ändern. Am größten ist die Akzeptanz übrigens in der Altersgruppe der 18- bis 40-Jährigen, die schwankende Preise aus dem Online-Shopping und von Tankstellen längst gewohnt ist.“