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Trend-Analyse: 2020 stehen Unternehmen vor der Sinnfrage

In vielen Teilen der Welt tragen Menschen ihre Kritik am Wachstumsgedanken und reiner Gewinnorientierung auf die Straße, in die Politik und in die Vorstandsetagen. Das zwingt Unternehmen zum Umdenken: Sinnstiftung wird zur größten Herausforderung, der sie sich in den kommenden 12 Monaten stellen müssen. Zu diesem Schluss kommt die zu Accenture Interactive gehörende Innovations- und Designberatung Fjord in ihrem Report „Trends 2020“.

„Immer mehr Menschen stellen die Frage: Welchen ‚Purpose‘ haben Marken und Unternehmen – also was ist ihr Daseinsgrund und woraus ziehen sie ihre Berechtigung, Geld zu verdienen?“, sagt Christoph Loeffler, Geschäftsführer von Fjord für den deutschsprachigen Raum. „Die meisten Unternehmen bleiben die Antwort bislang schuldig.“

Sinnstiftung schwinge in vielen der insgesamt sieben Trends mit, die Fjord identifiziert hat, darunter vor allem:

„‘Mehr‘ wird neu definiert“ – Wachstum bekommt neue Gesichter 

Der Kapitalismus in seiner heutigen Form stecke in der Midlife-Crisis. Finanzieller Erfolg tauge nicht länger als entscheidende Größe unternehmerischen Erfolgs. Auch in Deutschland messen Kunden Unternehmen immer stärker an deren Errungenschaften für die Gesellschaft wie Inklusion, Diversität und Mitarbeiterbefinden.

Dazu zählen stärker denn je Fortschritte bei der Nachhaltigkeit und Beiträge zu Umwelt- und Klimaschutz.

„Selbst wenn die deutsche Wirtschaft ein vergleichsweise hohes Bewusstsein für Nachhaltigkeit hat: Die meisten Unternehmen haben ihre Lieferkette noch lange nicht so umgebaut, dass sie damit mehr Leute mit weniger und dafür den richtigen Dingen erreichen. Doch genau das muss das Ziel sein“, sagt Chris Böhnke, Managing Director von Fjord Deutschland.

„Sinn hat Hochkonjunktur“ – auch im Beruf

Auch für Arbeitskräfte zähle der Purpose eines Unternehmens. Wichtig sei das für deutsche Unternehmen aus zwei Gründen: der Vollbeschäftigung und dem Problem vieler Branchen, digitale Podukte und Dienstleistungen zu entwickeln, die international wettbewerbsfähig sind.

„Bestens qualifizierte und motivierte Leute bekommen Unternehmen, die zwei Dinge bieten: erstens Sinnstiftung, die über Titel und Gehalt hinausgeht, und zweitens Arbeitsformen, bei denen Rollen, Hierarchien und Präsenzkultur die zweite Geige spielen“, sagt Tobias Kruse, Managing Director Business Design & Strategy bei Fjord.

‘Life-Centered Design‘ auf Siegeszug – weniger Ich, mehr Wir

Die beiden beschriebenen Entwicklungen befeuern den Siegeszug des sogenannten Life-Centered Design. Dahinter stecke der Anspruch, dass ein Gegenstand oder ein Vorgang nicht nur für den Einzelnen gut funktioniert, sondern auch seinem Umfeld dient. Das Prinzip gibt es seit einigen Jahren – nun ist es auf dem besten Weg, nutzerzentriertes Design als Design-Goldstandard abzulösen.

Böhnke: „Unternehmen erkennen durchaus den tiefgehenden gesellschaftlichen Wandel. Das größte Hindernis der Purpose-Transformation ist aber: Am Ende geben wieder die bekannten, meist kurzfristigen Kenngrößen wie Shareholder Value, Absatzzahlen und Margen den Ausschlag.“

„Was gar nichts bringt, ist ‘Sinn-Washing‘, also dass Unternehmen den Purpose bei der Belegschaft abfragen und dann verordnen. Stattdessen sollten Organisationen Hierarchien abbauen, damit alle Mitarbeiter nicht bloß zur Definition, sondern zur Evolution des Purpose beitragen können. Noch scheuen das die meisten Firmen. Dabei würde es ihnen und damit dem Standort Deutschland langfristig helfen, Sinnstiftung jetzt konsequent anzugehen, und nicht erst zu Getriebenen zu werden.“

Sieben Trends für das Jahr 2020

Weitere Trends des Reports lauten:

„Menschen werden Strichcodes“ – Körper werden digital lesbar. Mit Bild- und Gesichtserkennungstechnologie können Maschinen Menschen identifizieren und ihre Gefühle einschätzen. Eine Person löst dann möglicherweise rein durch Anwesenheit Angebote aus, die auf sie selbst und die Situation abgestimmt sind – zunächst vor allem personalisierte Werbung.

„Künstliche Intelligenz oder intelligentes Künstliches?“ – Fortschritte und Probleme künstlicher Intelligenz waren ein dominierendes Thema der vergangenen Jahre. 2020 wird es vor allem um die Frage gehen: Wofür brauchen wir ‚artificial intelligence‘ – und wofür ‚intelligent artificials‘? Das heißt: Was übernimmt KI unsichtbar im Hintergrund und in welchen Situation haben es Menschen direkt mit schlauen Maschinen zu tun?

„Das digitale Double“ – Aus den Daten, die jeder Mensch hinterlässt, entstehen virtuelle  Doppelgänger. Im besten Fall hat jede Person die volle Kontrolle über ihren oder ihre digitalen Doubles. Diese können zu nützlichen Torwächtern und Stellvertretern im Umgang mit Organisationen und anderen Personen werden.

„Geld auf Wechselkurs“ – praktisch unsichtbare Zahlungssysteme verändern unser Verhältnis zu Geld, Neueinsteiger krempeln das Geschäft der Banken um. Dadurch ändert sich die Beziehung der Menschen zu Geld und ihr Verständnis von und Ansprüche an Bezahlvorgänge.

 

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