In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 218 Neugründungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz finanziert. Damit liegt Deutschland im europäischen KI-Ökosystem auf dem dritten Platz, hinter Großbritannien (590 Startups) und Frankreich (235 Startups). Bei den Investitionen liegt Deutschland mit rund 510 Millionen Dollar nur auf dem vierten Platz hinter Frankreich (1,3 Milliarden Dollar), Großbritannien (1,2 Milliarden) und Israel (902 Millionen). Und das obwohl sich das Investitionsvolumen in Deutschland im Vergleich zu 2018 fast verdoppelt hat.
„Viele Entwicklungen sind sehr erfreulich, da sie zeigen, dass das europäische KI-Ökosystem weiter stark wächst“, kommentiert Jochen Ditsche, Partner von Roland Berger, die Studie „The road to AI – Investment dynamics in the European ecosystem“, die das Unternehmen zusammen mit dem europäischen Start-up-Verband France Digitale durchführte. „Doch im Vergleich zu China und den USA ist das europäische KI-Ökosystem zu stark fragmentiert und leidet unter mangelnder Integration.“ Probleme, so Ditsche, die sich mit dem EU-Austritt Großbritanniens noch verschärfen könnten.
Chinesische Investoren spielen untergeordnete Rolle
Auf Frankreich, Großbritannien Israel und Deutschland entfielen in den Jahren 2009 bis 2019 gut 80 Prozent der Investitionen. Unter den fünf größten ausländischen Geldgebern sind amerikanische Investoren in den jeweiligen Ländern stark vertreten: Sie stellten im vergangenen Jahr 17,5 Prozent der ausländischen Geldgeber in Großbritannien, 14 Prozent in Deutschland und 7,5 Prozent in Frankreich dar. Chinesische Investoren spielen hingegen bisher kaum eine Rolle. Die europäischen KI-Ökosysteme hängen immer noch stark von ihren inländischen Investoren ab.
„Allerdings hat die Finanzierung von KI-Startups erst seit 2014 richtig Fahrt aufgenommen“, so Ashok Kaul, Partner von Roland Berger. „Seitdem liegen die jährlichen Wachstumsraten bei über 50 Prozent.“. In Zahlen: 2014 wurden in allen untersuchten Ländern insgesamt nur 528 Millionen Dollar in KI-Startups investiert – nur etwas mehr als 2019 allein in Deutschland.
Europa ist zu stark fragmentiert
Trotz des starken Wachstums in Europa, fehle es nach wie vor an der notwendigen Abstimmung zwischen den einzelnen Ländern. So gibt es zum Beispiel bei der Datenschutz-Grundverordnung aufgrund unterschiedlicher Interpretationen einen europäischen Flickenteppich. „Europa darf sich nicht weiter im Klein-Klein verlieren“, warnt Kaul. „Wir benötigen eine Strategie, die den freien Datenfluss sicherstellt, Synergien zwischen den Ländern schafft und damit die unterschiedlichen Stärken und Schwächen bei Patenten, Infrastruktur, Investitionskapazität und Fachkräften ausgleicht.“
Großbritannien habe im europäischen KI-Ökosystem eine Schlüsselrolle inne. Im Ländervergleich sorgen die Briten für die höchsten Ausgaben in Forschung und Entwicklung und melden die meisten Patente an. „Der Brexit kann den Zugang zu Daten weiter behindern und die Innovation und Dynamik in ganz Europa beeinträchtigen“, warnt Ditsche. „Deshalb benötigen wir ein umfassendes und in die Zukunft gerichtetes Framework zwischen der EU und Großbritannien, damit Digitalunternehmer und Investoren den eingeschlagenen Wachstumskurs weiterverfolgen können.“