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Zusammenspiel von Technologie-Trends und Makro-Faktoren: Basis für eine erfolgreiche Unternehmenstransformation

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Von ethischer Verantwortung über Kooperationen zwischen IT- und Finanzfunktionen bis hin zum Einsatz von digitalen Zwillingen reichen die insgesamt sechs Trends, die der Tech Trends 2020-Report von Deloitte identifiziert hat. In diesem Umfeld seien langfristiges Denken, Kollaboration, Flexibilität sowie die Bereitschaft, das Unternehmen schrittweise zu entwickeln, eine entscheidende Voraussetzung.

Die wichtigsten Treiber für disruptive Veränderungen lassen sich laut Report in Form von neun Makro-Faktoren zusammenfassen: Digital Experience, Analytics und Cloud haben vor allem das vergangene Jahrzehnt gekennzeichnet, werden jedoch weiterhin im Fokus stehen. Hinzu kommen Digital Reality, Cognitive und Blockchain, die langfristig zu wichtigen Wettbewerbsfaktoren in der digitalen Transformation werden. Den Kern bilden Core Modernization, Risk und Business of Technology. Sie seien die Basis für jede Art von Transformation. Diese Makro-Faktoren konvergieren zunehmend und generieren dabei beständig neue Tech-Trends.

„Alle neuen Trends, die zum Teil extrem schnelllebig sind, lassen sich diesen neun Makro-Kräften zuordnen. Zudem ergeben sich Disruptionen häufig aus der Kombination dieser Kräfte“, sagt Jochen Fauser, Partner und Leiter Technology Strategy & Architecture bei Deloitte.

Architecture Awakens: IT-Architekten verlassen den „Elfenbeinturm“

Dieses Thema veranschauliche, wie Tech-Trends oft entstehen: Nicht durch eine bestimmte einzelne Erfindung, sondern durch eine neuartige Konstellation schon länger wirksamer Makro-Faktoren. In diesem Zusammenhang wirken das Business of Technology sowie Risk, Core-Modernisierung und Cloud. Immer mehr Top-Führungskräften werde derzeit bewusst, welche strategische Bedeutung heutzutage die IT-Architektur hat – also das Design, die Implementierung und der Betrieb der „Technology Stacks“ von IT-Komponenten, -Anwendungen und -Infrastruktur.

Neue Wettbewerber haben hier oft einen massiven Vorsprung, da sie ihre Architektur von Grund auf neu gestalten können. Das verschaffe ihnen die nötige Agilität, Funktionalität und Skalierbarkeit für die neuen Geschäftsmodelle. Um hier mithalten zu können, müssten etablierte Unternehmen die eigene Architektur ihrerseits agiler aufstellen.

Der Weg dahin erfordere ein neues Verständnis der Rolle, die führende System-Architekten im Unternehmen haben. Bei ihnen handle es sich um brillante Spitzenkräfte, deren Potenzial bislang aber meist nur in ihrem speziellen Fachbereich zum Tragen kommt. Demnächst, so die Prognose der Tech Trends 2020, werden viele Organisationen diese Masterminds viel enger mit den operativen Technologie- und Business-Bereichen verzahnen. System-Architekten werden kollaborativer, kreativer und nehmen Stakeholder-Belange stärker in den Blick – und sie arbeiten nun auch in cross-funktionalen Teams aus IT- und Business-Experten.

Durch diesen Trend werden langfristige Optimierungsziele umsetzbar: Durch Agilität wird der Time-to-Market beschleunigt, die Produktivität der Entwickler gesteigert, Business- und Technologie-Prioritäten ausbalanciert, und die Betriebskosten gesenkt. Als erste Schritte in diese Richtung eignen sich etwa multidisziplinäre Technologie-Projekte und neue Kollaborationsformen wie gemischte Online-/On-Site-Teams oder Matrixorganisationen.

Agil finanzieren: Finance und die Zukunft der IT

Auch der zweite Trend resultiere aus dem Zusammenspiel von Makro-Faktoren, nämlich den radikalen Veränderungen der Arbeitsabläufe in der Software-Entwicklung unter den Vorzeichen von Cloud, Core-Modernisierung & Co.. Flexible, agile Ansätze ersetzen rigide Wasserfall-Modelle, Projekte werden in iterativen Sprints umgesetzt, rapide validiert und zügig skaliert. Ein erfolgreicher Ansatz, der seit einiger Zeit auch in andere Bereiche ausstrahle.

Der springende Punkt sei aber: Kommt die Finanzfunktion bei dieser ganzen Entwicklung mit? Wie werden die neuen Ansätze budgetiert, wenn sie nicht mehr etablierten Rhythmen jährlicher Berichtserstellung entsprechen? Und was, wenn sie durch Multi-Disziplinarität funktionale Grenzen überschreiten?

Für die Entschärfung solcher Widersprüche zwischen transformativen Projekten und konventioneller Budgetierung sei eine enge Kooperation von CIO und CFO nötig. CFOs schaffen mehr Flexibilität durch neue Methoden zur zeitlich mehrdimensionalen Budgetierung und zur genaueren Bestimmung des langfristigen Wertbeitrags agil entwickelter Produkte. Der Return-on-Investment ist natürlich besonders schwer zu erfassen, wenn Investitionen, z.B. in Plattformen, sich erst langfristig auszahlen.

Mit Capacity-Based-Funding ziele die Finanzfunktion zukünftig auf eine ergebnisorientiertere Budgetierung. Die Auslagerung von Prozessen in die Cloud führe generell zu einer Verschiebung von Investitions- zu Betriebsausgaben – diesen Capex-Opex-Trend gelte es dann aber auch vor Investoren detailliert zu rechtfertigen.

CIOs wiederum organisieren ihre Ressourcen nun vermehrt in einem Produkt-orientierten Operating Model und erarbeiten einen klaren, verbindlichen Fahrplan für Technologie-Investitionen. Dazu kommen kreative neue Funding-Ansätze wie Co-Investing in der Branche oder mit Universitäten, Zuschüsse aus dem eigenen Ökosystem (etwa von Softwareanbietern) oder eine Finanzierung durch Carve-out Leasebacks.

Digital Twins: Physische Objekte virtuell analysieren

Kognitionstechnologie trifft Digital Reality: Durch den exponentiellen Datenzuwachs, das Internet of Things, Sensoren und potenzierte Konnektivität können heutzutage nahezu beliebig detaillierte digitale Modelle physischer Objekte erstellt und in Echtzeit abgeglichen werden. Moderne kognitive Analytics-Ansätze gewinnen aus diesen Modellen wiederum Insights in einer ganz neuen Qualität und ermöglichen autonome Entscheidungsfindung.

Die Einsatzgebiete dieses Trends gehen quer durch die Lieferkette und den Produktlebenszyklus: von Forschung und Entwicklung über Produktion bis hin zu Logistik und Wartung. Anwendungsgebiete für Digital Twins finden sich in allen Branchen, vom Entwurf von Flugzeugtriebwerken über das optimierte Management von Energie-Anlagen zur Ölförderung bis hin zu Modellen ganzer Städte in der Smart City. Ein Markt, der laut Prognosen rapide von 3,8 Milliarden Dollar Umsatz (2019) auf 35,8 Milliarden (2025) wachsen soll.

In jüngster Zeit verstärke sich das Entwicklungstempo noch. Durch Machine Learning können mit Digital Twins komplexe Wenn-Dann-Simulationen durchgeführt werden. Gewonnen werden die Daten dafür auch aus neuen Quellen wie LIDAR oder FLIR Sensoren. Innovative Standards verbessern die Datenbasis und Interoperabilität. Leistungsfähigere, günstigere IT-Plattformen und fortgeschrittene Möglichkeiten der Visualisierung erleichtern den Einsatz erheblich. Für Unternehmen bleibe es bei der Umsetzung aber wichtig, die Kosten-Nutzen-Relation zu beachten. Oft genüge ein gezielter Ausschnitt der physischen Daten und eine entsprechende Beschränkung der eingesetzten Sensoren. Bei schwer erfassbaren Vorgängen, etwa biochemischen Prozessen, könnten passende Ersatz-Parameter als Workaround dienen. Heute arbeiten vor allem Kapital-intensive Branchen mit „digitalen Zwillingen“. In Zukunft werden ihnen immer mehr Bereiche der Wirtschaft folgen und die Supply Chain tendenziell vollständig erfassen.

Human Experience Platforms: Die Revolution der Mensch-Maschine-Interaktion

Computer beherrschen dank Natural Language Processing/Natural Language Generation längst auch die menschliche Sprache. Bei diesem Tech-Trend gehe es aber darum, die Schnittstelle von Mensch und Maschine zusätzlich mit einer emotionalen Dimension anzureichern – mit „emotionaler Intelligenz“ (Affective Computing). Das bringe ein neues Maß an Authentizität, mehr Persönlichkeit, relevantere Storylines in der Kommunikation sowie ein neues Maß an intuitiver Interaktion. So werde ein Verbraucher-zentriertes Design möglich, das auf Befindlichkeit und Stimmung des Individuums Rücksicht nimmt. Damit begegnen Unternehmen den tieferen Bedürfnissen der Kunden, deren Bindung an Marken oftmals emotionaler Natur ist. Für eine individuellere, „menschlichere“ Interaktion sollen in Zukunft beispielsweise emotiv befähigte kognitive Assistenten sorgen. Neurowissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden wie Sentiment- und Stimmen-Analysen, Eye Tracking oder Facial Coding liefern die Basis dafür. Neuartige EEG-Sensoren verbessern die Benutzerfreundlichkeit. Ein wichtiges Thema sei für Unternehmen dabei die Integration ethischer Gesichtspunkte, z.B. der Ausschluss von Vorurteilen in künstlicher Intelligenz, Diversität in Entwicklerteams und allgemein eine erhöhte Transparenz, um mit gesellschaftlichen Werten und Erwartungen konform zu bleiben. Dieser Aspekt der unternehmerischen Verantwortung im digitalen Zeitalter stelle sogar einen ganz eigenen Tech-Trend dar.

Ethische Technologie schafft nachhaltiges Vertrauen

Die Vorteile der Digitalisierung leuchten so gut wie allen ein, vom Konsumenten bis zum Mitarbeiter. Ebenso verbreitet sind aber auch Sorgen, Bedenken und Vorbehalte angesichts der ungeahnten neuen Möglichkeiten der Datenerfassung und -analyse. In diesem Kontext werde immer mehr Unternehmen klar, dass sie Vertrauen nicht mehr nur als Compliance-, PR- oder Marketing-Thema betrachten sollten, sondern als zentrales strategisches Ziel. Was jetzt schon oft im Bereich Corporate Social Responsibility, Nachhaltigkeit und Datenschutz praktiziert wird, bekomme durch einen solchen ethischen Ansatz ein viel umfassenderes Fundament.

Gerade die neuen Fähigkeiten in KI und Digital Reality machen es nun nötig, aber auch möglich, die ethischen Werte eines Unternehmens buchstäblich zu enkodieren und empirisch zu überwachen. Etwa durch Algorithmen, die Diskriminierung aktiv verhindern, was im Bereich Legal Tech schon praktische Anwendung findet. Eine solide Datengrundlage und höchste Standards in der Cyber-Abwehr seien dafür nötige Voraussetzungen. Wenn Unternehmen die Privatsphäre ihrer Stakeholder und regional unterschiedliche Normen respektieren, wenn sie ethische Werte und Transparenz umsetzen, dann werde sich das nicht zuletzt auch auf die Kundenbindung, die Mitarbeiter und schlussendlich auf die eigene wirtschaftliche Leistung positiv auswirken.

Doch mit dieser Individualisierung gehe auch eine steigende Verantwortung für Unternehmen einher. „Der achtsame und transparente Umgang mit den ethischen Aspekten des technologischen Fortschritts wird zu einem entscheidenden Faktor für Unternehmen. So bietet sich die Möglichkeit, langfristig eine vertrauensvolle Beziehung zum Kunden aufzubauen“, sagt Fauser.

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