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Digitalisierung der Import- und Exportprozesse: Blockchain eröffnet globalem Handel Billionenchance

Eine Ladung Sojabohnen auf dem Weg von Argentinien nach Malaysia hat im Mai 2018 eine neue Ära im Welthandel eingeläutet. Erstmals erfolgte die gesamte Abwicklung und Bezahlung auf einer Blockchain-Plattform. Der Zeitaufwand für die Ausstellung und Verarbeitung sämtlicher Dokumente verringerte sich so auf weniger als 24 Stunden – von bis dahin fünf bis zehn Tagen. Der Einsatz dieser innovativen Technologie könnte dem Welthandel, der zunehmend unter Druck gerät, neuen Schwung verleihen. In konkreten Zahlen: Dank Blockchain könnte das globale Handelsvolumen bis 2026 um rund 1,1 Billionen US-Dollar steigen.

Quelle: Bain & Company

Zu diesem Ergebnis kommen die Managementberatung Bain & Company und das Finanzinstitut HSBC in der Studie „Rebooting a Digital Solution to Trade Finance“. „Die konsequente Digitalisierung der Import- und Exportprozesse kann einen Wachstumsschub auslösen“, betont Bain-Partner Dr. Dirk Vater, der die Praxisgruppe Banken in Deutschland, Österreich und der Schweiz leitet. In einer Blockchain haben alle Beteiligten jederzeit Zugriff auf sämtliche Informationen – seien es Käufer, Verkäufer, Logistikunternehmen, Behörden oder Banken. Das verkürze Abwicklungs- und Entscheidungszeiten, senke die Risiken und erhöhe die Transparenz. Auch die Transaktionskosten – und damit die Finanzierung – lassen sich so optimieren.

Renaissance der Akkreditive in digitaler Form

Die Distributed-Ledger-Technologie dürfte zu einer Renaissance der Akkreditive führen. Der Marktanteil der dokumentenbasierten Abwicklung von Handelsfinanzierungen sei vor allem aufgrund des hohen manuellen Aufwands seit den 1970er-Jahren von 50 Prozent auf zuletzt 15 Prozent gesunken. Bei einem Akkreditiv verpflichtet sich eine Bank, nach Weisung ihres Kunden bei Vorlage bestimmter Dokumente dessen Lieferanten zu bezahlen. Dies minimiert das Risiko von Zahlungsausfällen für Exporteure.

„In der Blockchain erkaufen sich Exporteure diese Sicherheit nicht länger mit vergleichsweise hohen Kosten und einer Flut von Papierdokumenten“, erklärt Bain-Partner und Finanzierungsexperte Dr. Christian Graf. „Das erleichtert es vor allem kleinen und mittleren Unternehmen, sich stärker am Welthandel zu beteiligen.“

Den Banken eröffnet sich eine attraktive Ertragsquelle. Bis 2026 könnten die weltweiten Erträge in der dokumentenbasierten Handelsfinanzierung durch den Blockchain-Einsatz um rund zwei Milliarden US-Dollar steigen – und zwar zusätzlich zu den acht Milliarden US-Dollar, die ohne diese Technologie realisierbar sind. „Mit Blockchain-Lösungen können Banken die digitale Revolution im Welthandel entscheidend vorantreiben und gleichzeitig finanziell profitieren“, so Graf.

Definition von „Superconnectors“ erforderlich

Um diese Potenziale zu nutzen, müssen sich Banken und andere Marktteilnehmer von ihren digitalen Insellösungen verabschieden. Bereits heute sei absehbar, dass sich für verschiedene Branchen eigenständige Netzwerke bilden werden. Sogenannte Superconnectors sollen den netzwerkübergreifenden Informationsaustausch gewährleisten. Das könnten sowohl Banken sein als auch staatliche Institutionen oder andere von allen Beteiligten als vertrauenswürdig eingestufte Organisationen. Vater stellt fest: „Die Blockchain bietet Banken die einmalige Chance, verlorenes Terrain zurückzugewinnen und eine Schlüsselrolle im globalen Handel einzunehmen.“

Superconnectors, bestehend aus Großbanken und anderen vertrauenswürdigen Parteien, sollen als Brücken zwischen den Netzen dienen.

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