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Crisp Research: Die IT muss deutlich mehr leisten

Dr. Carlo Velten ist Mitbegründer und Chefanalyst des jungen Research-Unternehmens Crisp Research. info@crisp-research.com

Dr. Carlo Velten ist Mitbegründer und Chefanalyst des jungen Research-Unternehmens Crisp Research. info@crisp-research.com

Um in einer digitalisierten Welt als Unternehmen agil und anpassungsfähig sein zu können (Kundenerwartungen, Kostendruck, globale Wertschöpfungsnetze), muss die IT in den kommenden Jahren noch deutlich mehr leisten. Das zumindest meint Dr. Carlo Velten, Gründer und Chef-Researcher des Kasseler Analystenhauses Crisp Research. 

Mit welchen Themen und Technologien CIOs sich wappnen bzw. ihre IT in Richtung digitaler Welt transformieren können, zeigen die folgenden 10 IT-Trends für 2015. Dabei fokussiert sich Crisp Research in seinem Forecast auf Technologietrends mit direktem sowie kurz- und mittelfristigen Einfluss (2-3 Jahre) auf die Unternehmens-IT. Aus diesem Grund stehen Wearables, 3D-Drucker und IoT nicht auf dieser Liste, auch wenn sie im weiteren Kontext des Technologiemarktes strategisch relevant sind.

Multi-Cloud Deployments

Mehr als 70% aller Unternehmen in Deutschland sind mittlerweile aktive Cloud-Nutzer. Dabei setzen gerade große und Mittelstandsunternehmen nicht auf einen singulären, sondern meist auf mehrere Cloud-Provider. Ebenso kommt Cloud in verschiedenen Betriebsmodellen (Public, Private, Hosted) und Service-Typen (IaaS, SaaS, PaaS) einher. So entstehen komplexe Multi-Cloud-Umgebungen, die einen hohen Grad an Standardisierung und Integration verlangen. In diesem Kontext spielen Standards wie OpenStack, Cloud-Ökosystme und –Marktplätze sowie Integrations- und API-Services eine wichtige Rolle für die IT-Architekten, um zukunftsfähige und adaptive Cloud-Architekturen zu designen.

Cloud Connectivity

Sicherheit, Performance und User Experience sind im Cloud-Zeitalter maßgeblich von der Art der Anbindung und der Netzwerkqualität abhängig. Unternehmen benötigen hybride und flexible Strategien, um ihre Rechenzentren, Firmennetze und mobilen Endgeräte sicher an die Infrastrukturen der relevanten Cloud Provider und Dienstleister anzuschließen. So bieten mittlerweile alle relevanten Public Cloud Provider direkte Netzwerkverbindungen zwischen ihren Cloud-Rechenzentren und den Rechenzentren ihrer Kunden (über Colocation-Standorte und ein Ökosystem an Netzwerk-Partnern). So entstehen neue hybride Vernetzungskonzepte im WAN-Bereich, um Performance und Bandbreiten in lokalen Niederlassungen und Betriebsstätten zu optimieren. In diesem Kontext wachsen Connectivity und Security Services noch stärker zusammen.

 Software Defined Enterprise

Das Herzstück der Unternehmens-IT – die eigenen Rechenzentren und IT-Infrastrukturen – wird in den kommenden Jahren nicht nur durch die weitere Virtualisierung auf der Server- und Storage-Seite geprägt sein. Auch netzwerkseitig steht ein Virtualisierungs- und Automatisierungsschub auf Basis einer neuen Produktgeneration an. Denn derzeit stellt das Netzwerk noch immer den Flaschenhals bei der Gestaltung flexibler, hochskalierender Cloud-Umgebungen dar.

Auf dieser Basis lassen sich in den Unternehmen dann auch neue Konzepte zur Auslieferung von Desktop-Services oder sogar weiteren software-definierten Betriebs- und Produktionsprozessen realisieren. Gemäß dem Zitat vom Marc Andreesen „Software is eating the world“ steht mittel-und langfristig auch das Thema „Software-defined Manufacturing“ für viele Anwender auf der Agenda. Der „Digitale Leitstand“ ersetzt dann weitgehend den Mensch als aktiven Betriebsführer. Hier kommen schon in den kommenden 2-3 Jahren verstärkt neue entscheidungsunterstützende Software-Lösungen zum Einsatz – basierend auf Cognitive Computing-Ansätzen, Machine Learning und innovativen Simulationsverfahren.

DevOps

Die Entwicklung neuer mobiler und cloud-basierter Anwendungen ist längst nicht mehr das Privileg von Startups und ISVs. Auch Unternehmen müssen im Rahmen der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse und Kundenbeziehungen deutlich agiler in der Umsetzung und dem Betrieb neuer Anwendungen werden. Hier sind neben PaaS- bzw. Enterprise-PaaS-Plattformen und neuen Entwicklungs- und Admin-Tools (Chef, Puppet, Salt, Mesos, Docker, Node.js und anderen) auch neue Management- und Betriebskonzepte gefragt, die Entwicklung und Betrieb besser miteinander verzahnen (Developmemt + Operations= DevOps). Für diese neue Kultur etablieren sich gerade die Begrifflichkeiten vom „Continuous Deployment“, „Continuous Integration“ und „Continuous Delivery“. Diese wollen alle auf das gleiche hinaus – Entwicklung und Betrieb schneller und agiler machen. Unternehmen müssen zukünftig in der Lage sein, mehrere Releases pro Woche oder Monat zu fahren und nicht mehr pro Jahr! Docker als Technologie zur Container-Virtualisierung wird sich dabei in den kommenden Jahren eine relevante Position im Technologie-Stack der Cloud-Entwickler erkämpfen.

OpenStack

Das Open Source-basierte Cloud Management Framework „OpenStack“ hat mit den letzten beiden Releases nicht nur die notwendige Reife für den Unternehmenseinsatz erreicht. Auch wird OpenStack mittlerweile von fast allen relevanten Cloud-Technologieanbietern unterstützt. Immer mehr Cloud Service Provider bauen die kommende Generation ihrer Cloud-Infrastrukturen auf Basis von OpenStack auf. Für Unternehmensanwender bietet sich mittels OpenStack die Chance, einen standardisierten Cloud-Infrastruktur-Stack zu entwickeln, der die eigene Cloud-Umgebung kompatibel zu einer Vielzahl von IaaS-Providern macht. Somit werden hybride und Multi-Cloud-Umgebungen leichter Realität.

Darüber hinaus ist OpenStack nur ein prominentes Beispiel für den seit 2 Jahren wieder erstarkten Open Source-Trend. Auch in 2015 wird eine ganze Reihe von Open Source-Technologien wie Docker, CoreOS, Mesos, Salt, CloudFoundry, Hadoop und KVM ihren Weg ins Unternehmensrechenzentrum finden. CIOs sollten rund 10 Jahre nach dem Siegeszug von Linux ihre Open Source-Strategien schleunigst überarbeiten. Dass Microsoft sein .Net-Framework nun auch unter Open Source-Lizenz gestellt hat, unterstreicht die Marschrichtung. Eine Microsoft-Linux-Version ist mittlerweile durchaus denkbar.

Security at global Scale

Sicherheit der IT-gestützten Prozesse, der Daten sowie der Firmenkommunikation wird für immer mehr Unternehmen zur Top-Priorität. Dabei gilt es in den kommenden Jahren, sich auf neue und vor allem mehr Angriffsvektoren einzustellen. Neben klassischer Wirtschaftsspionage, die auf das Intellectual Property abzielt, müssen Unternehmen sich verstärkt auf Angriffe durch organisierte Kriminalität einstellen. So wird aktuell auch in Deutschland eine Vielzahl von Unternehmen mittels gezielter DDoS-Attacken erpresst. Zudem gilt es für CIOs und CISOs, sich darauf einzustellen, dass IT-Sicherheit und Datenschutz im mobilen und Cloud-Zeitalter nicht mehr nach den klassischen Verteidigungsstrategien (Schutz meiner Burg in Analogie zum Schutz meines klar definierten Unternehmensnetzwerkes) funktionieren kann. Wenn tausende Mitarbeiter weltweit unterwegs und in hunderten von Unternehmenslokationen verteilt und über das Internet und Mobilnetze angebunden sind, ist eine IT-Sicherheitsstrategie mit globaler Reichweite gefordert. Ein Teil der IT-Sicherheitsdienste wird demnach aus der Cloud kommen – müssen!

Applied Analytics

Nach einigen Jahren des Evaluierens kommen die neuen Datenbank- und Analytics-Tools wie NoSQL, HANA, Hadoop nun langsam in den Unternehmen und Fachbereichen an. CIOs sollten in 2015 dafür sorgen, dass diese neuen Analyseinstrumente über entsprechende interne Plattformen oder als cloud-basierte Analytics Services wirklich einsatzbereit werden. Gerade die Nutzung von leichtgewichtigen und agilen Analytics Services aus der Cloud (z.B. Kissmetrics, Datadog, New Relic), die man über APIs anspricht und die schon interessante Datenbestände für Korrelationen und andere Auswertungen vorhalten, sollten auf der Agenda der CIOs und ihrer Chief Data Officers stehen.

Digital Customer Experience

Die Königsdisziplin für viele CIOs wird in den kommenden 2-3 Jahren die Unterstützung seiner Marketing- und Vertriebskollegen. Denn die Digitalisierung der Kundenbeziehungen fordert den Einsatz und die Integration einer Vielzahl an neuen und bekannten IT-Technologien, Datenbeständen und Services. Im Kern wird es darum gehen, wie sich CRM, Kundenportale, eCommerce, Marketing Automation und Social Media bestmöglich verzahnen lassen, um eine durchgängige „Digital Customer Experience“ zu ermöglichen, die gleichzeitig den Umsatz und die Kundenbindung erhöht. Dabei wird die „Enterprise Digital Marketing Plattform“ zur Zielarchitektur – ein umfassendes Analytics- und Steuerungs-Cockpit für die unternehmensweiten Marketing- und Sales-Aktivitäten.

Neben den Marketing- und Kommunikationsprozessen steht in den nächsten 2 Jahren auch ein Upgrade der Service-, Support- und Maintenance-Prozesse an. Nur in wenigen Anwendungsbereichen kann die Kombination aus mobilen Endgeräten und digitalem Prozess mit Backend-Zugang einen so großen Wert stiften.

Mobile Work Experience

Die mobile Bereitstellung von kompletten IT-Arbeitsumgebungen wird für die Mehrheit der Unternehmen immer wichtiger. Während das Management von mobilen Endgeräten mittlerweile Standard ist, steckt das Mobile Data Management und das effiziente, Self-Service-basierte Bereitstellen von Apps noch in den Kinderschuhen. In 2015 steht die Auswahl und der Roll-Out von unternehmensweiten Enterprise Collaboration-Lösungen an.

Für CIOs wird es in den kommenden Jahren zudem elementar, noch stärker interdisziplinär mit Kollegen aus den Bereichen Human Ressources zusammenzuarbeiten. Denn zum Arbeitsplatz der Zukunft zählen nicht nur die mobilen Devices und Apps, sondern auch neue, flexible Büro- und Meetingräume sowie moderne Arbeitskonzepte.

Run IT like a Startup

Um den Anforderungen der digitalisierten Welt zu begegnen, müssen CIOs Fähigkeiten und Eigenschaften wiederbeleben, die in den vergangenen Jahren in den meisten Unternehmen im Zuge der großen Outsourcing-Welle zunehmend degeneriert sind. Die Fähigkeit, neue Anwendungen und Prozesse schnell in PoCs oder einem „MVP“ (Minimal Viable Product) zu prototypen und zu testen. Die Möglichkeit, Anwendungen auf Cloud-Plattformen schnell zu skalieren – oder auch wieder einzustampfen. Die Fähigkeit, neue IT-Anwendungen aus Nutzerperspektive („Design Thinking“) zu gestalten und Fokus auf die User Experience zu legen. All dies ist im Zeitalter von Mobile, Social und Cloud erfolgsentscheidend. Neben den klassischen IT-Managementdisziplinen (Governance, Sourcing, Projektmanagement etc.) sind daher in den kommenden Jahren Anwendungsentwickler, Datenanalysten, Schnittstellen-Programmierer und Cloud-Architekten gefragt, die sich einerseits mit den neuen Technologien auskennen und andererseits in der Lage sind in interdisziplinären Teams zu arbeiten. Eine hocheffiziente Teamarbeit über Abteilungsgrenzen hinweg ist dringend nötig, wenn neue digitale Geschäftsmodelle entstehen oder auch Converged Architectures im Rechenzentrum Einzug halten und dort die klassische Aufgabenaufteilung durcheinander wirbeln.

CIOs müssen sich darauf einstellen, künftig zwei IT-Kulturen im Unternehmen zu managen. Die traditionelle IT kümmert sich um das IT-Backend und die Verlässlichkeit der zentralen Infrastruktur und ERP-Systeme. Die Startup-IT übernimmt die Entwicklung und Integration der cloud-basierten und mobilen Anwendungen, die an die Kern-IT andocken. Das Integrations- und Schnittstellenmanagement wird in einer hybriden Cloud-Welt – nebst Governance und Security – zu den zentralen Disziplinen. Startups und Internetunternehmen sind derzeit harte Konkurrenten um die besten Neueinsteiger und Programmierer. Hier sollten sich CIOs genau überlegen, wie sich ihre IT-Organisation als Arbeitgeber interessant und bekannt machen (Talent Management & Employer Branding).

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