Gut vier von zehn Unternehmen in den industriellen Kernbranchen nutzen bislang Industrie 4.0-Anwendungen. Dabei hat der Automobilbau die Nase vorn. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die der Digitalverband Bitkom auf der Hannover Messe vorgestellt hat. Befragt wurden dafür je 100 Unternehmen mit mindestens 100 Mitarbeitern aus der Automobilbranche, dem Maschinenbau, der chemischen Industrie sowie der Elektroindustrie.
Der Automobilbau hat bei der Nutzung von Industrie 4.0-Anwendungen mit 53 Prozent einen Vorsprung vor den anderen Branchen. In der Elektrotechnik nutzen 48 Prozent Industrie 4.0-Anwendungen, in der chemischen Industrie sind es 42 Prozent, im Maschinen- und Anlagenbau lediglich 41 Prozent.
Weitere 18 Prozent der befragten Unternehmen planen den Einsatz von Industrie 4.0-Anwendungen. „Die Digitalisierung deutscher Fabriken ist in vollem Gange, aber noch lange nicht vollzogen“, sagt Winfried Holz, Mitglied des Bitkom-Präsidiums. „Angesichts der harten internationalen Konkurrenz, etwa aus China und den USA, müssen die Unternehmen jetzt massiv in die Digitalisierung ihrer Prozesse und Produkte investieren, damit Deutschland seine führende Position in der Fertigungsindustrie halten kann.“
Laut Umfrage beschäftigt sich rund ein Viertel der Unternehmen derzeit noch nicht mit Industrie 4.0, kann sich aber vorstellen, dies in Zukunft zu tun. Für rund jedes siebte Unternehmen (14 Prozent) ist Industrie 4.0 aktuell kein Thema.
Am weitesten verbreitet sind momentan die Anwendungen Social Machines und Predictive Maintenance. Bei Social Machines handelt es sich um Maschinen, die mit anderen Maschinen und den Mitarbeitern eines Betriebs kommunizieren können, zum Beispiel zur Personaleinsatzplanung. Solche Anwendungen werden in 28 Prozent der Betriebe genutzt. Predictive Maintenance beschreibt Lösungen, die die vorausschauende Wartung von Maschinen erlauben und Funktionsausfälle verhindern. Diese kommen in 27 Prozent der Industrieunternehmen zum Einsatz.
Abläufe werden verbessert
Durch die Digitalisierung und Vernetzung der Produktion ergeben sich aus Sicht der Unternehmen zahlreiche Vorteile: Rund drei Viertel der Befragten (76 Prozent) sind der Ansicht, dass Industrie 4.0-Lösungen die Abläufe in ihrer Fabrik optimieren können. 72 Prozent gehen davon aus, dass sich die Produktionskosten verringern lassen, weil die Effizienz durch den Einsatz von IT steigt.
71 Prozent sagen, dass mit Hilfe von IT die Kapazitätsauslastung verbessert und 70 Prozent, dass die Arbeit flexibler organisiert werden kann. Unternehmen, die bereits Industrie 4.0-Anwendungen nutzen oder dies planen, erwarten zudem zu 51 Prozent, dass ihr Umsatz dadurch steigt. 49 Prozent der Anwender und Planer denken, dass sie dank Industrie 4.0 ihren Umsatz künftig halten können. „Industrie 4.0 schafft Wachstum und sichert den Bestand von Unternehmen“, so Holz.
Hohe Investitionskosten sind Hemmschwelle
Nichtsdestotrotz gibt es offenbar auch noch viele Bedenken: Fast 80 Prozent der Betriebe halten die eigene Branche für zu zögerlich, was die Umsetzung von Industrie 4.0 angeht. Am höchsten ist der Wert im Maschinen- und Anlagenbau mit 83 Prozent.
Ein Hindernis sind laut Umfrage die Investitionskosten. 72 Prozent der Befragten sagen, dass diese Investitionskosten gegen den Einsatz von Industrie 4.0-Anwendungen in ihrem Unternehmen sprechen. Holz: „Wer seine Produktion für die Zukunft fit machen will, muss in aller Regel erst einmal investieren. Diese Investitionen sind aber genauso essenziell wie die regelmäßige Pflege und Wartung von Maschinen. Ohne sie wird es künftig keine moderne, effiziente Produktion mehr geben.“ 56 Prozent der Befragten führen außerdem die hohe Komplexität des Themas als Hindernis an und ebenso viele sehen den Mangel an Fachkräften als Problem.