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Die „bimodale IT“ ist ein Placebo

Überleben heißt sich permanent anzupassen. Das gilt für Lebewesen und für Unternehmen. In einer Welt, die sich immer schneller und vor allem in den kommenden Jahren durch Digitalisierung auch dramatisch verändern wird, gerät Anpassungsfähigkeit zur Kernforderung auch an die IT. Unternehmen müssen in Zukunft „dynamikrobust“ sein, so eine relativ neue Wortschöpfung der Unternehmens- und IT-Berater.

Obwohl der Begriff klingt wie aus dem Gruselkeller eines Deutschlehrers – er beschreibt am besten den Druck, unter dem Unternehmen und ihre IT-Bereiche stehen. So müssen sie einerseits sehr schnell, dynamisch eben, auf Veränderungen reagieren, sei es auf neue Geschäftsmodelle, technische Innovationen oder neue gesetzliche Regelungen, ohne insgesamt an Stabilität und Handlungsfähigkeit zu verlieren. Gleichzeitig wird aber von ihnen verlangt, die bisherigen Systeme und Prozesse stabil zu halten, für Sicherheit, Verfügbarkeit und Quality of Services – kurz für Robustheit – zu sorgen.

Gibt es tatsächlich 2 Geschwindigkeiten?

Gartner hat dagegen den Begriff der „bimodalen IT“ geprägt: Hier die sich schnell verändernde Kunden orientierte IT mit ihren Apps, Smartphones, E-Commerce- CRM- und analytischen Systemen. Dort die eher langsam drehende IT des Backoffice. Inzwischen propagiert jedes Beratungsunternehmen unter leicht unterschiedlichen Bezeichnungen die IT der 2 Geschwindigkeiten.

Wenn es stimmt, was alle predigen – nämlich, dass kein Unternehmensbereich von der Digitalisierung verschont bleibt – dann hilft eine bimodale IT günstigstenfalls vorübergehend. Sie suggeriert, die drängendsten Herausforderungen der Digitalisierung angehen zu können, ohne dass es sich auf die Teile der IT auswirkt, die bisher längere Lebenszyklen und eine hohe, zum Teil historisch erworbene, Komplexität aufweisen.

Das trifft zum einen eher selten zu. Ganz schnell stellen sich zum Beispiel Integrationsaufgaben. Zum anderen werden auch die Lebenszyklen der Backend-Systeme sehr viel kürzer. Durch immer schneller aufeinander folgende „Paradigmenwechsel“ müssen auch bisher „langzyklische“ IT-Investitionen häufig in Frage gestellt werden. Das heißt, auch diese müssen dynamikrobust ausgestaltet werden.

Gesamte IT wird kurzlebiger

Folgt man dieser Logik, unterliegen nicht nur Teile, sondern die gesamte IT einem enormen Veränderungsdruck. Das Placebo bimodale IT kann höchstens am Anfang wirken, vielleicht erscheint dadurch die Herausforderung überschaubarer, der CIOs und die Enterprise IT gegenüberstehen. Doch der eigentliche Wirkstoff, der der IT hilft, sich richtig für die permanenten und schnellen Veränderungen in der digitalisierten Welt aufzustellen, heißt Dynamikrobustheit – und zwar für die gesamte IT und nicht nur für Teile davon. Um diesen Wirkstoff herzustellen, braucht es neben den richtigen Technologien und Infrastrukturelementen auch organisatorische Veränderungen, die die bisherige IT-Arbeitsteilung eines Plan-Build-Run grundsätzlich infrage stellen.

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