Die Zufriedenheit der Kunden mit ihren Banken verschlechtert sich weiter. Deutschland zählt zu den Ländern, die den größten Rückgang auf dieser Skala aufweisen. Die Gewinner sind Nichtbanken. Es müsse dringend in Middle- und Back-Offices investiert werden, so die Experten von Capgemini.
Laut den Ergebnissen des 12. World Retail Banking Reports (WRBR) von Capgemini und der Efma müssen Privatkundenbanken in ein besseres Kundenerlebnis investieren, um die Schnittstelle zum Kunden nicht zu verlieren. Besonderes Augenmerk sollten sie dabei auf die bankinternen Abwicklungsprozesse im Middle- und Back-Office legen.
Sie seien bisher weitestgehend ignoriert worden – obwohl unerlässlich für digitale Services mit schnelleren Bearbeitungszeiten und weniger Fehlern. Der Report stützt sich auf Erkenntnisse aus 32 Märkten und Auffassungen von mehr als 16.000 Privatkunden im Rahmen der jährlichen Befragung zum Customer Experience Index.
Die Kunden sind wechselwillig
Zusätzlich zur gesunkenen Kundenzufriedenheit neigen die Kunden weltweit – insbesondere die Generation Y – vermehrt zum Wechsel ihrer Hausbank und seien signifikant weniger bereit sind, von dieser zusätzliche Finanzprodukte zu kaufen, oder sie weiterzuempfehlen. Der Anteil der Kunden, die bereit sind ihre Hausbank in den nächsten sechs Monaten zu wechseln, wachse: In Deutschland sei die Abwanderungsbereitschaft um 4,4 Prozentpunkte gestiegen. Voraussichtlich bleiben in den nächsten sechs Monaten weniger als 50 Prozent der Generation-Y-Kunden bei ihrer jetzigen Hausbank. Gründe hierfür: Die steigende Konkurrenz durch Nichtbanken, das Wachstum von Start-up-Banken die attraktive und innovative Produkte anbieten sowie die mittlerweile unkomplizierte Möglichkeit eines Bankenwechsels.
„Wer gegen Nichtbanken bestehen will, muss das Kundenerlebnis und damit seine Services deutlich verbessern. Enttäuschte Kunden und mangelnde Innovationskraft der Banken laden Nichtbanken regelrecht dazu ein, Marktanteile zu gewinnen“, sagt Klaus-Georg Meyer, Leiter Business & Technology Consulting Banken bei Capgemini in Deutschland.
Weiterhin scheint es Banken immer schwerer zu fallen, ihre Kunden weg von den Filialen hin zu kostengünstigeren Kanälen zu steuern. Trotz signifikant gestiegener Nutzungsraten des Internets und mobiler Kanäle, zeigen sich nur minimale Auswirkungen auf die Niederlassungen.
Anbieter aus anderen Branchen gefährden die Banken
All diese Faktoren tragen dazu bei, dass Nichtbanken Kunden von ihren bisherigen Hausbanken abwerben. Vor allem Internet- und Technologieunternehmen zählen mit ihren einfachen, agilen und intuitiven Angeboten sowie ihrer Unabhängigkeit von Altsystemen zu den besonders starken Wettbewerbern: 83 Prozent der Bankmanager schätzen, dass ihre Kunden keine Probleme hätten, Bankgeschäfte über diese Unternehmen abzuwickeln. Schon jetzt haben solche Firmen eine deutliche Präsenz im Zahlungsverkehr und bei Kreditkarten, vor allem in Nordamerika und Westeuropa.
Middle- und Back-Offices brauchen Unterstützung
Bankmanager haben vor allem in Front-Offices investiert und damit in die Kontaktstellen, die in direkter Interaktion mit den Kunden stehen. Als Hauptgrund dafür nennen fast 93 Prozent eine Verbesserung des Kundenerlebnisses.
Allerdings habe gleichzeitig die Vernachlässigung der Investitionen in Middle- und Back-Offices dazu geführt, dass sich der Kundenservice und die Interaktionen verschlechtert haben, was sich durch langsame Bearbeitungszeiten, Fehler und Ausnahmeregelungen beim Kunden bemerkbar macht.
„Es wird bislang zu wenig in die Transformation der Middle- und Back-Offices investiert. Bisher wurden die größten Veränderungen im Bereich des Front-Office vorgenommen, was hier auch zu einer Verbesserung des Kundenerlebnisses geführt hat. Allerdings hängt eine langfristige Kundenbindung vor allem auch von der Integration der Prozesse im Front-Office mit den Prozessen im Middle- und Back-Office ab. Hier ist bislang unzureichend investiert worden“, meint Meyer.
Damit diese Damit diese Herausforderungen überwunden werden, bräuchten Banken eine vorausschauende Strategie für ihre digitale Transformation, welche Digitalisierung, Vereinfachung/Agilität und Big-Data-Analysen mit einbezieht. Die Digitalisierung sollte manuelle Prozesse mit digitalen Routinen ersetzen.
Eine Vereinfachung erhöht gleichzeitig die Agilität, indem die Anzahl der Systeme reduziert und somit eine schnellere Markteinführung möglich wird. Durch Big-Data-Analysen könnten wichtige Erkenntnisse aus den Kundendaten erfasst, verwaltet und effektiv umgesetzt werden. Auf dem Weg zur digitalen Reife muss dem Middle- und Back-Office eine ebenso große Priorität zugewiesen werden, wie dem Front-Office, da 60 Prozent an negativen Kundenerlebnissen aus Problemen im Back-Office resultierten und sich dann auf das gesamte Kundenerlebnis niederschlagen.
„Mithilfe einer durchdachten Strategie für die digitale Transformation“, so Patrick Desmares, Generalsekretär der EFMA, „können Banken damit beginnen, die Erlebnisse ihrer Kunden zu verbessern und sich gegen flinke, nicht-traditionelle Wettbewerber durchzusetzen.“