Deutsche Firmen drohen bei Data Analytics den Anschluss zu verlieren. Diese Gefahr zeigt die Deloitte-Studie „Datenland Deutschland: Talent meets Technology – Data Analytics und der menschliche Faktor“ auf. Denn viele Unternehmen bleiben in alten Mustern verhaftet: Fast 60 Prozent suchen nach klassisch ausgebildeten Wirtschaftswissenschaftlern für die Datenanalyse. Weniger als zehn Prozent bemühen sich um erfahrene Naturwissenschaftler, die mit Algorithmen und Analysemodellen Mehrwerte aus den Daten generieren können.
Gleichzeitig sieht nur jede fünfte Firma überhaupt die Chance, auf Basis von Data Analytics Geld zu verdienen. Nutzen erkennen die Unternehmen nur in traditionell datenaffinen Bereichen wie Finanzen, IT und Marketing, Bereiche wie Personal hinken weit hinterher. Nur durch den Einsatz gut ausgebildeter Data Scientits lasse sich dieser Kreis durchbrechen und könnten die vollen Potenziale von Data Analytics gehoben werden.
„Der richtige Einsatz von Big Data ist ein milliardenschwerer Zukunftsmarkt. Wer die passenden Mitarbeiter, Strukturen und Technologien hat, schafft sich einen Wettbewerbsvorteil. Hier zeigt sich Nachholbedarf in der deutschen Wirtschaft. Zwar haben viele Unternehmen in Technik und Software investiert, jedoch fehlen oft die qualifizierten Experten für eine zielführende Nutzung. Diese Lücke muss geschlossen und Data Analytics konsequent über alle Unternehmensbereiche eingesetzt werden“, sagt Dr. Alexander Börsch, Leiter Research bei Deloitte Deutschland.
Die Basis ist geschaffen
Deutsche Unternehmen sehen sich bei Data Analytics im weltweiten Vergleich auf dem zweiten Platz. In mehr als der Hälfte der Firmen hat die Bedeutung solcher Methoden und Technologien in den letzten Jahren zugenommen. Fast der Hälfte der Finanzabteilungen dient Data Analytics als Entscheidungsgrundlage, rund 30 Prozent sind es in IT, Marketing und Einkauf, weniger als zehn Prozent in Personal. Rund 60 Prozent haben in Software und IT-Infrastruktur investiert. Zudem haben sie Mitarbeiter zu Datenanalysten weitergebildet und ein Drittel hat Spezialisten eingestellt. Für die Zukunft erwarten fast drei Viertel einen steigenden Bedarf im Bereich Data Analytics – jeweils rund ein Viertel plant Investitionen in die Weiterbildung, das Recruiting und den Einkauf externer Dienstleister.
Einseitiges Recruiting
In den letzten Jahren haben die Unternehmen die technischen Voraussetzungen von Data Analytics geschaffen. Für die nächste Investitionsphase steht der Personalaufbau auf der Agenda – allerdings mit geringen finanziellen Mitteln. Viele suchen nach Einsteigern, die über statistisches und wirtschaftswissenschaftliches Know-how verfügen. Mehr als ein Viertel weiß nicht, welche Ausbildungsprofile sie für Data Analytics suchen sollen. Traditionelle, quantitative Kompetenzen haben Vorrang vor Know-how im Entwickeln neuer Analyse-Perspektiven und -Modelle. Erforderlich wären jedoch Fähigkeiten von Data Scientists wie sie promovierte Naturwissenschaftler haben – die richtigen Fragen stellen, relevante Zusammenhänge finden und komplexere Analysen auf Grundlage von passgenau entwickelten Algorithmen durchführen.
Bessere Ausbildung gefordert
Um im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben, ist auch die Politik gefragt. Den größten Bedarf sehen Unternehmen im Auf- und Ausbau von Studiengängen, die Data-Analytics-Know-how vermitteln. Rund die Hälfte legt darauf den Fokus, über 40 Prozent fordern eine bessere Zusammenarbeit mit Universitäten und 40 Prozent setzen auf bessere Weiterbildung. Als eigene Hausaufgabe wird eine bessere Integration der Datenspezialisten wahrgenommen sowie mehr in diese Kapazitäten zu investieren.
„Wenn Unternehmen sich echte Wettbewerbsvorteile in der Entscheidungsfindung und bei der Monetarisierung von Daten erarbeiten wollen, brauchen sie auch echte Experten, die Muster in den Datenbergen erkennen und interpretieren können. Noch bietet der Hochschulsektor in Deutschland aber kaum dezidierte Studiengänge in diese Richtung; die Fähigkeiten bringen am ehesten Naturwissenschaftler mit. Wenn diese Lücke in der Ausbildung nicht bald geschlossen wird, können sich erhebliche Nachteile für den Standort Deutschland ergeben“, so Nicolai Andersen, Partner und Leiter Innovation bei Deloitte.