Mit Facebook at Work startet das Zuckerberg-Imperium mit lautem Trommelwirbel nun auch im Markt der Enterprise Social Network Anwendungen. Durch die Verbindung zu einem Produkt, dass wir alle kennen – unser täglich Facebook – hat der Social Network-Anbieter einen großen Startvorteil, auch wenn er in einen reifen Mark eintritt. Facebook at Work kann ähnlich wie Slack vom starken Bedürfnis der Unternehmensnutzer nach Einfachheit und Mobilität profitieren. Allerdings ist noch unklar, was Facebook mit dem Schritt erreichen will und ob das Produkt Unternehmen auf dem Weg zum Digital Workplace weiter hilft.
Von Siegfried Lautenbacher und Sebastian Thielke, Beck et al Services
Anders als im professionellen Umfeld üblich, gibt Facebook Service-Anbietern und Beratern wie uns, vorab keinen Einblick in das Produkt. Deshalb können wir das Produkt selbst auch nicht abschließend bewerten, sondern nur analysieren, was es für den Markt der Social Enterprise Lösungen bedeuten kann. Beschreibungen der Funktionsweise finden sich zum Beispiel hier.
Für uns drängen sich drei Aspekte des Themas auf, die wir hier näher beleuchten wollen:
- Aufmerksamkeit für Social Software im Unternehmen steigt durch FB@Work gewaltig
- Die gleiche Nutzererfahrung wie beim privaten Facebook
- Geschäftsmodelle, Sicherheit und das Warum
Facebook at Work erzeugt eine Aufmerksamkeit, die das Thema der vernetzten Zusammenarbeit bisher nicht erreicht hat. Das Timing ist ziemlich perfekt. Zum einen mischen Anwendungen wie Slack den bestehenden Markt durch ihre einfache Nutzbarkeit und Mobilität auf. Zum anderen bringt die Digitalisierungsdiskussion den Themen Digital Workplace und Collaboration neuen Schub. FB at Work ermöglicht es Unternehmen eventuell sogar, gescheiterte Collaboration-Projekte neu zu beleben. Getreu dem Motto – Facebook kennt sowieso schon jeder, da kann ja nichts schief gehen. Auch die Mitarbeiter dürften einem FB at Work aufgeschlossener gegenüberstehen als anderen Enterprise Social Networks, weil die meisten die Plattform bereits kennen.
Facebook at Work nutzt die gleichen bewährten und etablierten Mechanismen, wie sie auch im privaten Social Media Umfeld funktionieren. Der Wiedererkennungswert ist sehr hoch. Die User Experience ist tatsächlich die gleiche wie beim privaten Facebook. Das mag man gut finden oder nicht. Doch für die Akzeptanz, die Verbreitung und die Häufigkeit der Nutzung ist die Gleichartigkeit der User Experience ein entscheidender Faktor.
Dünne Funktionalität
Doch Digital Workplace und Social Business Collaboration-Lösungen ermöglichen viel mehr als zu „facebooken“. Hier liegt die eigentliche Herausforderung für FB at Work. Wenn wir die aktuellen Funktionen betrachten, dann fehlt ihnen die klare Ausrichtung auf die wirkliche Arbeitsintegration und vor allem Arbeitserleichterung. Hier steht Facebook at Work auf dem gleichen Niveau mit Anwendungen wie Yammer. Im Businessbereich fehlen ausschlaggebende Funktionen.
Wie wird mit Dateien umgegangen? Wie werden zusammen Inhalte erstellt? Wie wird eine effektive sowie zielführende Zusammenarbeit gestaltet? Hier ist die Funktionalität von FB at Work zurzeit sehr dünn.
Was möchte Facebook erreichen?
Warum hat Facebook den Schritt in Richtung Enterprise Social Network gemacht? Welche Ziele verfolgt das Unternehmen? Wem gehören die Daten? Facebook ist mittlerweile ein Teil unserer privaten Welt. Es findet tägliche Kommunikation über das Netzwerk statt. Dennoch loggt man sich aus und wieder ein. Man wechselt hin und her. Damit wird es für Facebook natürlich schwer, seine Nutzer zu kennen und sie zu halten. Demnach könnte man Facebook unterstellen, dass es mit der Work-Variante seine Präsenz in alle Bereiche unseres Alltages hineintragen will. Stellen Sie sich das vor: Sie kommen ins Büro, öffnen Ihren digitalen Arbeitsplatz und sind mit einem Business Account in Facebook at Work. Dabei sind privater und geschäftlicher Account miteinander verbunden. Sie brauchen also die Anwendung nicht mehr zu verlassen. Sie bewegen sich nur noch zwischen privat und geschäftlich, bleiben aber bei Facebook. Facebook kennt sie nun ein Stück besser und passt Streams, Nachrichten, Interessen und Werbung noch genauer auf Sie an. Das Potential für Facebook: riesengroß und unerschöpflich.
Doch was ist in diesem Zusammenhang mit der Datensicherheit, dem Recht auf persönliche Daten und so weiter? Es ist unklar, wie das Produkt Facebook at Work angeboten wird. In vielerlei Szenarien wird es den Unternehmen per Cloud angeboten. Dabei sind die Server- und Data Center-Standorte nicht bekannt. Facebook betont in einem Security Whitepaper, dass die Daten eines Unternehmens nicht für Dritte zugänglich sind. Allerdings bleibt die Frage unbeantwortet, ob es sich bei Facebook um einen Dritten handelt.
Salamitaktik oder Marketing-Schachzug?
Das Einladungs- und Verknappungmodell, mit dem Facebook @Work auf den Markt bringt widerspricht der Philosopie der Vernetzung. Die Prinzipien der Sichtbarkeit und Transparenz, denen andere Anbieter folgen, um dem Grundgedanken des Teilens und der Offenheit auch in ihren Produkten zu verdeutlichen, führt Facebook damit ad absurdum. Mit der Markteinführungskampagne von FB at Work karikiert Facebook das, was social business collaboration eigentlich bewirken soll – übergreifende, offene, zielgerichtete Kommunikation und Zusammenarbeit. Facebook erklärt seine Motive nicht und redet nicht mit jedem.
Fazit
Was sich aus dem imposanten Marktauftritt von FB@Work entwickelt, lässt sich nur schwer erahnen. Es hat Potenzial und ist vertraut. Es fehlt aber der Business Case für die Anwenderunternehmen und was Facebook mit seinem Modell schließlich und endlich vorhat, ist noch schwieriger zu erkennen. Mit Facebook at Work taucht ein neuer, gewichtiger Spieler auf, der eine große Fangemeinde mitbringt. Doch noch weiß niemand, welche Roller er im Team spielen wird. Deshalb sollten wir ihn im Auge behalten. Vielleicht überrascht er uns.