Home / Allgemein / Open Data in Europa: Deutschland fällt in die Follower-Gruppe zurück

Open Data in Europa: Deutschland fällt in die Follower-Gruppe zurück

Laut dem Bericht „Open-Data-Reife in Europa 2016: Erkenntnisse zum aktuellen Stand“ verfolgen 81 Prozent der europäischen Länder eine ausgewiesene Open-Data-Politik  – eine große Steigerung gegenüber 69 Prozent im Jahr 2015. Die Länder sind auch dabei, ihre jeweiligen Datenportale zu verbessern, was einen sogenannten Portalreifegrad von insgesamt 64 Prozent im Vergleich zu 41 Prozent im Jahr 2015 zur Folge hat.

opendata

Quelle: European Dataportal

Dies sind Kernergebnisse eines neuen Berichts von Capgemini Consulting, der heute auf der International Open Data Conference zur aktuellen Lage der öffentlichen Daten in Europa vorgestellt wurde. Die Studie entstand im Auftrag der Europäischen Kommission in Zusammenhang mit dem Europäischen Data Portal, das von Capgemini koordiniert wird.

Mehrheit hat grundlegende Strategie zum Umgang mit öffentlichen Daten

Der aktuelle Bericht bietet einen Überblick darüber, wo die 28 EU-Länder plus Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz (EU28+) in Bezug auf zwei Indikatoren stehen: die Open-Data-Bereitschaft, die den Entwicklungsstand und die Förderung nationaler Open Data-Richtlinien umfasst, sowie den sogenannten Open-Data-Reifegrad, der die in den nationalen Portalen angebotenen Funktionen beurteilt.

Die Studie zeigt, dass die EU28+ im Jahr 2016 zu 55 Prozent erreicht haben, ihre öffentlich verfügbaren Regierungsdaten durch fortschrittliche Portale zur Nutzung anzubieten. Dies ist ein Anstieg von 28,6 Prozentpunkten im Vergleich zu 2015.

Open-Data-Bereitschaft und Open-Data-Reifegrad europaweit hoch

Während 2015 neun Länder noch keine Open-Data-Richtlinie hatten, fiel diese Zahl in 2016 auf lediglich fünf Länder. Daneben führte ein Großteil der Länder bereits eine Reihe von Studien und Interaktionen mit der Zivilgesellschaft durch, um den Einfluss von Open Data auf ihre Wirtschaft und Gesellschaft zu verstehen.

Der europaweite Portalreifegrad stieg dank der Entwicklung komplexerer Funktionen für die einzelnen Datenportale der Länder von 41,7  auf 64,3 Prozent. Indem die Datenportale unterschiedliche Datenformate und Download-Funktionen anbieten, befördern sie zunehmend Datenmengen und verzeichnen mehr Nutzerfrequenz.

Das europäische Datenportal, das seit November 2015 auf die Daten aller nationalen Portale verweist, hat jetzt fast 640.000 Datensätze und damit eine über zweieinhalb Mal höhere Datenmenge als noch bei seiner Einführung.

2016 gelten mehr als die Hälfte der EU28+-Länder als Trendsetter auf der Überholspur, da sie über robuste Open-Data-Richtlinien und über hoch entwickelte Open-Data-Portale verfügen und klare Strategien verfolgen, um die Verbreitung und Wahrnehmung von Open Data zu erhöhen.

Marc Reinhardt, Leiter Public Sector bei Capgemini in Deutschland: „Wir sind an einem Wendepunkt angelangt: Bisher wurden Daten veröffentlicht, die bereits zur Verfügung standen und von akzeptabler Qualität waren. Der nächste Schritt ist, die Verfügbarkeit und Qualität maschinenlesbarer Daten zu erhöhen. Europäische Regierungen erkennen inzwischen die Bedeutung der Open Data, mit denen alles von der Stadtplanung und dem Verkehr bis zum Grad der Umweltverschmutzung und den Rettungsdiensten optimiert werden kann. Den Open-Data-Nachzüglern muss verdeutlicht werden, dass die Nützlichkeit von Daten exponentiell steigt, wenn sie mit allen geteilt und von allen verwendet werden.“

Deutschland braucht Open-Data-Vermarktungsstrategie

Während Europa insgesamt vorangeht, ist Deutschland in die Gruppe der Followers neben Dänemark und Italien zurückgefallen. Der Open-Data-Reifegerad liegt noch über dem europäischen Durchschnitt und stieg um 18,4 Prozentpunkte gegenüber 2015. Der Wert der Open-Data-Bereitschaft jedoch sank um 3,4 Prozentpunkte auf das europäische Mittel von 51,5 Prozent.

Wie bisher werden als Hemmnisse unklare und uneinheitliche Regelungen der Nutzungsbedingungen und Lizenzen für Open Data als Gründe genannt, auch wenn sie in der Praxis selten entscheidend sind. Die Europäische Kommission mahnt weiterhin die Aktualisierung Deutschlands nationaler Strategie an. Die nationale Koordinierung des föderalen Systems ist weiterhin eine Herausforderung. So bestehen beispielsweise neben dem Portal www.govdata.de nach wie vor regionale Portale, die nicht im nationalen Portal integriert sind. Dies erschwert die Open-Data-Nutzung und schmälert damit auch den Effekt, den Open Data haben könnte.

Gesetz soll Bereitstellung von Daten durch die Verwaltungen stärken

Mit dem geplanten Open Data-Gesetz und dem Beitritt zum Open Government Partnership bekommt das Thema Open Data nun noch mehr Unterstützung der politischen Entscheidungsebene im Bund. „Während die Open-Data-Szene in anderen Ländern von oben orchestriert wurde, ist sie in Deutschland bisher stark von unten gewachsen“, so Reinhardt. „Das vom Bundesministerium des Innern geplante Open-Data-Gesetz könnte hier neben dem Abbau von Hürden auch einen wichtigen Impuls auf allen föderalen Ebenen setzen.“

Laut der Studie werden auch in Deutschland eine ganze Reihe von Initiativen und Veranstaltungen durchgeführt, in denen die Vorteile von öffentlich verfügbaren Daten erläutert werden. „Neben großen Events wie dem #NRWhackathon gibt es immer mehr lokale Aktionen, an denen sich auch Capgemini Mitarbeiter wo immer möglich beteiligen“, ergänzt Reinhardt.

Wie Open Data in Deutschland erfolgreich wird: Durch Koordination, Kooperation und Investition

Auch das Gesetz allein wird den Erfolg von Open Data noch nicht sichern.  „Open Data ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit und benötigt Ressourcen: für Forschung, für feste Ansprechpartner zum Thema, für die Weiterentwicklung der Nutzerfreundlichkeit und für unterstützende Infrastrukturen. Offenheit ist primär eine gesellschaftliche Grundhaltung. Diese verändert sich nur generationsweise, weshalb es unser erklärtes Ziel sein sollte, die Nutzung und Bereitstellung öffentlicher Daten bereits früh in Fleisch und Blut übergehen zu lassen – bestenfalls bereits an Schule und Universität. Was aus Open Data entstehen kann, wenn man sie Jugendlichen in die Hände gibt, zeigt die Aktion ‚Jugend hackt‘ der Open Knowledge Foundation, die Capgemini seit Jahren unterstützt“, so Reinhardt.

Empfehlungen

Der Bericht enthält am Schluss eine Reihe von Empfehlungen an die politischen Entscheidungsträger und Institutionen, die für die Open-Data-Politik verantwortlich sind. Um ihren Fortschritt zu sichern, den vollen Reifegrad zu erreichen und die Vorteile von Open Data voll nutzen zu können, sollten Länder:

  • die Implementierung ihrer Open-Data-Strategie abschließen, wobei sie die Bedeutung eines gesetzlichen Rahmens hervorheben und sowohl Lizenzen und Datenschutzaspekte als auch Standards regeln müssen;
  • automatisierte Prozesse entwickeln, um Daten von öffentlichen Behörden zu erfassen, und sich auf die konsistente und kohärente Qualität der Metadaten konzentrieren – also Zusammenfassung der bereitgestellten Daten, damit diese gefunden und verglichen werden können, bevor die Datensätze selbst heruntergeladen werden.

Zum europäischen Open Data Portal: Als Open Data bezeichnet man von öffentlichen Institutionen gesammelte, produzierte oder finanzierte Informationen, die von allen frei genutzt, modifiziert und weitergegeben werden können. Die Vorteile von öffentlichen Daten umfassen eine erhöhte Transparenz und Verantwortlichkeit der Regierungen sowie spürbare finanzielle Vorteile für Bürger, Unternehmen und die Zivilgesellschaft. Der von Capgemini 2015 zur Gründung des europäischen Datenportals veröffentlichte Bericht hat die Größe des europäischen Direktmarkts für öffentliche Daten in Europa für den Zeitraum 2016 – 2020 auf 325 Milliarden Euro geschätzt. In diesem Kontext hat die Europäische Union das europäische Datenportal gegründet. Das Portal erfasst Informationen über die in jedem europäischen Land zur Verfügung stehenden Daten. Bislang umfasst es 32 Länder, verbindet mehr als 640.000 Datensätze in Europa miteinander und bietet eine Vielzahl von Lernressourcen und Anwendungsfällen.

Die Entwicklung des europäischen Datenportals wird im Auftrag der Europäischen Kommission von Capgemini Consulting in Zusammenarbeit mit dem Open Data Institute (ODI), Intrasoft International,Time.lex, Sogeti, der University of Southampton, con terra und Fraunhofer Fokus geleitet.www.europeandataportal.eu/de/homepage

Den Bericht finden Sie auf www.capgemini-consulting.com/resources/open-data und weitere Informationen zur International Open Data Conference unter http://opendatacon.org/blog-iodc/

Share

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *

*