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Deutscher Mittelstand will digitale Produktion ausbauen

Der deutsche Mittelstand will die Produktion mithilfe digitaler Technologien in den kommenden Jahren deutlich ausbauen. Bereits heute produziert eine Mehrheit von 54 Prozent der mittelständischen Industrieunternehmen zumindest teilweise digital gesteuert. Allerdings haben nur 5 Prozent ihre Produktion bereits weitgehend oder sogar vollständig digital vernetzt. 46 Prozent der Unternehmen nutzen Industrie 4.0 hingegen heute noch gar nicht, jedoch plant die Hälfte davon, künftig digitale Technologien im Betrieb einzuführen.

Quelle: EY

Derzeit erwirtschaften die Unternehmen, die zumindest zum Teil digitalisierte Produktionsprozesse nutzen, nach eigenen Angaben im Durchschnitt 31 Prozent ihres Gesamtumsatzes mit Produkten, die durch Industrie-4.0-Technologien hergestellt wurden. 2020 Jahren soll dieser Anteil laut einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) aber bereits bei 39 Prozent liegen – also eine deutliche Steigerung innerhalb von zwei Jahren um acht Prozentpunkte.

Um dahin zu gelangen, investieren die Unternehmen durchschnittlich 3,4 Prozent ihres Umsatzes in digitale Technologien, das sind elf Prozent ihrer Gesamtinvestitionen.
Konkret heißt Industrie 4.0 für die meisten Unternehmen – 80 Prozent –, dass sie ihre Produktionsprozesse automatisieren. 60 Prozent setzen auf eine flexible Produktion im Gegensatz zu einer starren Serienproduktion. Zudem setzen sie auf Themen wie 3D-Druck (24 %) und Robot Process Automation (18 %). Künstliche Intelligenz (11 %) kommt bislang nur bei knapp jedem zehnten Unternehmen zum Einsatz.

Es gibt Nachholbedarf

Für Michael Marbler, Partner bei EY und verantwortlich für den Bereich Mittelstand, zeigen die Ergebnisse, dass die mittelständischen Unternehmen die Digitalisierung vorantreiben. „Der deutsche Mittelstand hat es immer wieder verstanden, sich auf neue Herausforderungen einzustellen und innovativ zu bleiben. Die meisten Unternehmen stellen sich auch jetzt auf die Digitalisierung ihrer Produktion ein.

Allerdings hat knapp die Hälfte der mittelständischen Industrieunternehmen noch Nachholbedarf, da sie heute ihre Produktion noch nicht digital steuert. Angesichts der hohen Dynamik von Industrie 4.0, könnte sich das für sie als Wettbewerbsnachteil erweisen, wenn sie beim Thema Digitalisierung nicht rechtzeitig aufholen.“

EY-Partner Stefan Bley ergänzt: „Durch digitale Technologien sind Unternehmen deutlich flexibler, effizienter und können viel Geld sparen. Industrie 4.0 ermöglicht es beispielsweise, Maschinen effizienter einzusetzen und dadurch Ausfallzeiten zu reduzieren, die Produktion flexibler zu gestalten und kurzfristig auf Auftragseingänge zu reagieren oder Prototypen am 3D-Drucker zu erstellen um dadurch Entwicklungszeiten zu reduzieren und schneller am Markt zu sein.“

Unternehmen investieren im Schnitt 3,4 Prozent in digitale Technologien

Gemessen an den möglichen positiven Auswirkungen, wirkt das Engagement des Mittelstandes allerdings noch sehr zaghaft: 45 Prozent geben nur ein bis zwei Prozent ihres Gesamtumsatzes für Investitionen in digitale Technologien aus, ein Viertel investiert immerhin noch drei bis fünf Prozent des Umsatzes. Lediglich jedes zehnte Unternehmen setzt mit einem Umsatzanteil von mindestens zehn Prozent voll auf Industrie 4.0. Im Schnitt investieren die Unternehmen 3,4 Prozent ihres Umsatzes in digitale Technologien.

Insbesondere der Maschinenbau investiert mit knapp vier Prozent seines Gesamtumsatzes überdurchschnittlich viele Mittel in den Bereich Industrie 4.0. Der Kraftfahrzeugbau ist mit einem Anteil von 3,5 Prozent nur leicht über dem Durchschnitt.

Beide Branchen sind zusammen mit dem Bau derzeit jedoch noch Schlusslichter, wenn es um den Umsatz geht, der mit Produkten erwirtschaftet wird, die mithilfe von digitalen Technologien hergestellt wurden. Bau- und Kraftfahrzeugbau kommen auf einen Umsatzanteil von 25 Prozent, der Maschinenbau auf einen Anteil von 27 Prozent. Die Investitionen in Digitalisierung sollen sich vor allem in Zukunft auszahlen: Alle drei Branchen wollen die Anteile, der mittels Industrie 4.0 hergestellten Produkte in den kommenden zwei Jahren deutlich steigern auf 35 Prozent (Bau, Maschinenbau) beziehungsweise 39 Prozent (Kraftfahrzeugbau).

Elektrotechnik und Ernährungsindustrie mit höchstem Umsatzanteil

Die Elektrotechnik oder die Ernährungsindustrie sind heute bereits heute deutlich weiter. Die Elektrotechnik erwirtschaftet 47 Prozent ihres Umsatzes mit Produkten aus Industrie-4.0-Herstellung, die Ernährungsindustrie 42 Prozent. Beide wollen in zwei Jahren fast die Hälfte (49 Prozent) ihres Umsatzes damit erzielen.

„Insbesondere die Branchen, die relativ kurze Produktzyklen haben und flexibel auf Kundenwünsche eingehen müssen, setzen bereits jetzt verstärkt auf die Möglichkeiten durch Industrie 4.0“, betont Marbler. „Allerdings betrifft der Wandel der Märkte und die daraus resultierenden Trends zur flexiblen Produktionssteuerung und zur Individualisierung von Produkten die meisten Branchen. Deswegen besteht auch bei den Unternehmen mit relativ langlebigen Produkten ein gewisser Aufholbedarf.“

Quelle: EY

Kleine Industrieunternehmen drohen den Anschluss zu verlieren

Und auch die großen Mittelständler sind den kleinen deutlich voraus beim Thema Industrie 4.0: Die Mittelständler mit einem Gesamtumsatz von über 100 Millionen Euro erwirtschaften durchschnittlich 37 Prozent davon mit Produkten aus Industrie-4.0-Herstellung – wollen in zwei Jahren aber schon bei 46 Prozent sein. Dafür investieren sie durchschnittlich 4,1 Prozent ihres Gesamtumsatzes in digitale Technologien. In zwei Jahren wollen die kleinen mit einem Gesamtumsatz von unter 30 Millionen Euro bei 37 Prozent sein – derzeit sind es 31 Prozent. Ihnen stehen aber auch nur 3 Prozent ihres Gesamtumsatzes für die nötigen Investitionen zur Verfügung.

Bley fordert gerade die kleinen Unternehmen auf, mehr für den digitalen Wandel zu unternehmen: „Kleine Unternehmen müssen nicht zu den Erstanwendern gehören und auch nicht unbedingt eigene Lösungen entwickeln. Aber sie müssen Wege finden, etwa durch Kooperationen mit anderen Mittelständlern, Start-ups oder über Cloud-Services, mit den Großen mitzuhalten. Nur Größe oder Cash Flow dürfen nicht über die Digitalisierung entscheiden. Gerade kleine und mittlere Unternehmen haben durch ein Engagement z.B. in Netzwerken und Kooperationen beste Chancen schnell ein flexibles Ökosystem aufzubauen. Diese Stärke gilt es zu nutzen um die Digitalisierung gezielt voranzubringen.“

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