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Join the Ecosystems: Das Motto für den europäischen Weg der Digitalisierung

Bild: Dr. Jeanette von Ratibor (CEO Verimi), Feng Xingliang (NRW Invest China) und Detecon-CEO Dr. Heinrich Arnold beim Detecon Red Carpet Event.

Die Gestaltung eines europäischen Weges der Digitalisierung stand im Mittelpunkt der Diskussion des Red Carpet Event 2018, zu dem die Management- und Technologieberatung Detecon International ins Kölner Dock.One geladen hatte. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Frage, wie die digitale Transformation in Deutschland und Europa zu gestalten ist, um im globalen Digitalisierungswettrennen mit stark disruptiven Ansätzen der USA auf der einen und dem protektionistischen Vorgehen Chinas auf der anderen Seite nicht nur nicht den Anschluss zu verlieren, sondern tatsächlich globale Relevanz zu erzielen.

Ein zentrales Ergebnis der Diskussionen lautete unter anderem, dass ein europäischer Ansatz in hohem Ausmaß auf digitales Reengineering bereits etablierter Geschäfte sowie auf starke, unternehmens- und institutionenübergreifender Ökosysteme setzen muss. Tenor aller Beteiligten war auch, dass es um die digitale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas im globalen Vergleich bei weitem nicht schlecht bestellt ist, sondern grundlegend anders funktioniert als in Kalifornien oder in China.

Europäische Alternative für US-amerikanische und chinesische Ansätze

„Die Digitalisierung verändert ganze Gesellschaften, womit die Treiber unseres globalen Wirtschaftssystems aber unterschiedlich umgehen“, erläutert Prof. Dr. Heinrich Arnold, CEO der Detecon, die Herausforderungen. „Das Modell „Silicon Valley“ setzt auf kreative Zerstörung, d.h. digitale Plattformen mit globaler Reichweite entstehen neu in Konkurrenz zu den etablierten Unternehmen. Das chinesische Modell basiert dagegen auf einem staatlich massiv protegierten Heimatmarkt und erweist sich aktuell als besonders wettbewerbsstark. Damit Deutschland und Europa sich zwischen diesen dominanten Digitalen Wirtschaftskonzepten behaupten können, ist es Hauptaufgabe die europäischen Geschäftsmodelle, die Zukunftstechnologien und europäischen Stärken beinhalten, in konsequenter Weise digital zu erweitern. Partnerschaften und Ökosysteme sind ein entscheidender Faktor globale Relevanz zu erreichen, und Beispiele wie Berlin oder Beerscheba in Israel zeigen, dass es möglich ist, innerhalb eines Jahrzehnts ein global relevantes Innovations-Ökosystem aufzubauen“, betonte Arnold.

Agile Politikprozesse und organisationsübergreifende Ökosysteme 

„Die digitale Transformation hat gerade in Deutschland sehr langsam begonnen. Wir brauchen agile Politikprozesse und einen stärkeren Fokus auf radikale Innovationen statt lediglich inkrementelle Anpassungen“, forderte Prof. Dietmar Harhoff, Direktor am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb in seiner Key Note.„Es gilt jetzt, neue Formen der Wertschöpfung zu identifizieren. Und diese können nicht von einem einzelnen Akteur abhängen, vielmehr geht es um ein enges Zusammenwirken vieler Akteure aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Oder einfach ausgedrückt: Lassen Sie uns florierende digitale Ökosysteme aufbauen!“, riet Harhoff.

Bernhard Gold (Iris Capital), Lilian Matischok (Robert Bosch) und Moderatorin Carmen Hentschel (v.l.n.r)

Unter dem Motto „Join the Ecosystems“ waren alle Gäste des Red Carpet aufgerufen, sich auch untereinander zu konkreten Strategien auszutauschen. So wurden in sieben parallelen Roundtable Sessions entscheidende Handlungsfelder wie Konnektivität, Künstliche Intelligenz, Co-Innovation, Company Rebuilding oder Mobility as a Service unter dem Blickwinkel europäischer Herausforderungen erörtert.

In der abschließenden Panel-Diskussion bewerteten Digitalisierungsexperten wie Bernhard Gold (Iris Capital), Lilian Matischok (Robert Bosch GmbH), Dr. Jeanette von Ratibor (CEO Verimi) sowie Feng Xingliang (NRW.INVEST China) und per Videobotschaft Thomas Sattelberger (MdB) gemeinsam mit Detecon-CEO Arnold dann die Chancen europäischer Ambitionen.

Auch Silicon Valley entstand nicht über Nacht

Bernhard Gold, Partner vom Wagniskapitalgeber Iris Capital betonte: „Die europäische Venture-Szene und der Startup-Markt sind in einer viel besseren Verfassung als es scheinen mag. 2017 wurde mit 17 Milliarden Euro ein Rekordhoch an Venture Capital investiert. Wir haben einen lebendigen Markt, große Talente und immer mehr europäische Unicorns. Wir brauchen mehr Geduld, auch das Silicon Valley mitsamt des wichtigen, massiven Exit-Marktes entstand nicht über Nacht, sondern über Jahrzehnte hinweg.“

Bei Digitalisierungsoffensiven rund um Industrie und Hochtechnologie traut Bernhard Gold Europa tendenziell sogar einen Vorsprung zu: „Die Europäer sollten selbstbewusster sein: Je komplexer die Technologien, etwa, um hohe Qualität im Maschinenbau oder bei Embedded Systems zu erzielen, desto weniger wiegt ein Vorteil, der sich durch agiles, amerikanisches Trial-and-Error wie beispielsweise für eine Kunden-App realisieren lässt.“

Gefordert: Mehr Know-how und Freiräume

Laut Arnold gilt es, vor allem zwei unternehmenskritische Anforderungen für das zukünftige digitale Geschäft in Deutschland und Europa zu beherrschen: „Erstens müssen wir noch viel mehr Know-how entwickeln: Denn KI oder im erweiterten Sinne die Künstliche Intelligenz der Dinge (AIoT, Artificial Intelligence of Things) lösen gemeinsam mit Technologien wie AS (Autonomous Systems) und AR regelrechte Technologieschocks aus, da sie Echtzeiteffekte und Prognosemechanismen in gewaltigen Größenordnungen verändern werden. Zweitens müssen europäische Kernargumente wie Sicherheit und Zuverlässigkeit noch stärker den typischen europäischen Differenzierungsfaktor begründen und als Wettbewerbsvorteil greifen.“

„Europäische Unternehmen dürfen sich nicht nur darauf fokussieren, ihr bestehendes Geschäft als Cashcow finanziell zu überoptimieren. Es geht konkret darum verstärkt Gestaltungsfreiräume für digitale Aktivitäten zu schaffen und dementsprechend strategische Investitionen zu tätigen“, so Heinrich Arnold weiter. „Jedes europäische Unternehmen muss es schaffen, zu seiner traditionsreichen und gemeinhin sehr erfolgreichen physikalischen Wertschöpfung auch die entsprechende digitale Wertschöpfung gleichgewichtig aufzubauen. Auf diese Weise können dann neue Digitallösungen als hybride Geschäftsmodelle entstehen.“

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