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Digitalisierung: Musikindustrie boomt – und Blockchain bietet weiteres Wachstumspotenzial

Die Musikindustrie ist Vorreiter für die Digitalisierung. Schon Anfang der 2000er Jahre ist der Musikdownload zu dem physischen Produkt der CD in Konkurrenz getreten. Damit wurde die erste digitale Revolution in der Branche schon früh eingeleitet. Seitdem strömen neue Player in den Markt, das Streaming hat den Vertrieb der Downloads inzwischen abgelöst. Durch die ständige Adaption neuer Technologien schafft es die Branche auch hierzulande zu expandieren.

Insgesamt prognostiziert der „PwC German Entertainment & Media Outlook 2018-2022“ der deutschen Musikindustrie in den nächsten Jahren eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 1,8 Prozent. Das Wachstum komme vor allem aus dem Streaming-Segment: Bis 2022 könnten die Streaming-Anbieter laut der Studie bereits 1,1 Milliarden Euro Umsatz erzielen. Das wäre ein Wachstum von rund 16 Prozent jährlich. Dazu passt, dass inzwischen bereits nahezu jeder zweite Konsument in Deutschland mindestens einen kostenpflichtigen Musikstreamingdienst nutzt, wie eine aktuelle PwC-Verbraucherbefragung zeigt.

Spotify in Deutschland auf Platz 1

Bei der Umfrage unter 2.260 Konsumenten gaben 21 Prozent der Befragten an, Spotify zu nutzen. Darauf folgen Amazon Music (Prime und Unlimited) mit 14,2 Prozent und YouTube Music mit 8,9 Prozent. Auf den Plätzen vier, fünf und sechs liegen Apple Music (6,6 %), Google Play Music (5,5 %) und Deezer (4,6 %). Deutlich weniger Befragte gaben an, ein kostenpflichtiges Abo bei Anbietern wie Napster oder SoundCloud Go+ zu haben. Neben kostenpflichtigen Streamingdiensten sind auch werbefinanzierte, für den Nutzer kostenlose Angebote gefragt: 43,6 Prozent der Befragten nutzen YouTube mehrmals pro Woche. An zweiter Stelle steht Spotify Free mit 15,1 Prozent. Darauf folgen unter anderem Google Play Music Free, SoundCloud und Deezer Free.

Weltweit sieht das Ranking der Musikstreaming-Riesen hingegen anders aus. Der seit April 2018 börsennotierte Audiostreamingdienst Spotify hat 180 Millionen Nutzer in 65 Ländern, von denen 83 Millionen zahlende Abonnenten sind, und ist damit auch weltweit die Nummer eins. 2015 stieg Apple Music in den Streamingmarkt ein, hat inzwischen bereits mehr als halb so viele zahlende Nutzer wie Spotify und ist somit weltweit der zweitgrößte Anbieter. Die Nummer drei im weltweiten Markt ist Amazon Music (Prime und Unlimited).

Die digitalen Umsätze könnten die physischen übertreffen

Die zweite digitale Revolution ist mit dem Siegeszug des Streamings in vollem Gange. In diesem Jahr werden voraussichtlich die digitalen Umsätze (904 Mio. Euro) in Deutschland erstmals über den physischen (644 Mio. Euro) liegen. So prognostiziert der „German Entertainment & Media Outlook 2018-2022“ einen rasanten Rückgang der physischen Umsätze um durchschnittlich etwa 15 Prozent bis 2022, während die digitalen Umsätze mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von etwa 11 Prozent steigen könnten.

Steht der Branche eine erneute Disruption bevor?

Dieses Szenario ist zumindest nicht unwahrscheinlich, zeigt eine neue Studie von PwC zur Bedeutung der Blockchain-Technologie im Musikgeschäft. Demnach könnte die Blockchain die Wertschöpfungskette in der Branche grundlegend verändern.

Dass die auch als „Distributed Ledger“ bezeichnete Technologie einen derart tiefgreifenden Einfluss auf die Musikindustrie haben könnte, mag auf den ersten Blick überraschen. Schließlich wird über das disruptive Potenzial der Blockchain bislang eher in der Finanz- oder in der Energiebranche diskutiert. Indes, so Werner Ballhaus, Leiter des Bereichs Technologie, Medien und Telekommunikation bei PwC Deutschland: „Schon jetzt gehen manche Experten davon aus, dass es die Unterhaltungs- und Medienindustrie – und hier speziell die Musikbranche – ist, die relativ gesehen ein besonders großes Wachstumspotenzial bietet.“

Kommt mit der Blockchain die globale Urheber-Datenbank?

Davon betroffen wäre zum Beispiel das Thema Rechteverwertung. „Sollte die Blockchain-Technologie in einigen Jahren ausgereift sein, lassen sich mit ihrer Hilfe theoretisch sämtliche Musiklizenzen weltweit sicher festschreiben – womit die bislang komplexen Abrechnungsprozesse weitgehend automatisiert werden könnten“, sagt Ballhaus.

Die große Chance für die Musikindustrie bestehe nun darin, „die Zuwächse beim Streaming mit jenen Effizienzgewinnen zu verknüpfen, die sich in den nächsten Jahren durch die Blockchain ergeben dürften“, so Ballhaus. Ein Beispiel: Bislang sind Anläufe zum Aufbau einer einheitlichen, globalen Datenbank für Urheber- und Leistungsschutzrechte gescheitert. Dadurch ist mitunter schwer festzustellen, wem in der Musikindustrie welche Tantiemen zustehen. Audiostreamingdienste sind daher Klagen von Musikverlagen ausgesetzt, die gegen eine unrechtmäßige Verwendung der Rechte ihrer Künstler vorgehen.

Auf Basis des geplanten neuen EU-Urheberrechts dürften sich ähnliche juristische Maßnahmen auch gegen Social-Media-Plattformen im Internet richten. „Solche Auseinandersetzungen könnten mit der ‚Distributed Ledger‘-Technologie der Vergangenheit angehören“, sagt Ballhaus. Das könnte neben der neu einzuführenden Prüfungspflicht der Plattformbetreiber eine wesentliche Änderung bedeuten. Er ist überzeugt: „Mit der Blockchain-Technologie wird der Handlungsdruck auf die großen Player deutlich steigen. Technologie alleine wird das Thema aber voraussichtlich zeitnah nicht lösen.“

Daneben werden vereinzelt bereits weitere Einsatzmöglichkeiten erprobt. So stellte die bekannte isländische Musikerin Björk zuletzt ein komplettes Album auf einer Blockchain bereit, für das Fans dann mit einer sogenannten Kryptowährung zahlen können.

Quelle: PwC

„Die Blockchain bietet der Branche ganz neue Möglichkeiten der Monetarisierung. Für etablierte Unternehmen birgt die Entwicklung neben Chancen aber möglicherweise auch Risiken. Denn einige Blockchain-Start-ups versuchen jetzt schon, klassische Dienstleistungen in der Musikindustrie neu abzubilden“, sagt Ballhaus.

Ob sich solche Ansätze wirklich durchsetzen, hängt der Studie zufolge davon ab, inwiefern es gelingt, eine kritische Masse zu erreichen. „Kooperationen mit großen Playern der Branche, aber auch aus anderen Industrien, könnten diesen Prozess in jedem Fall deutlich beschleunigen“, so Ballhaus.

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