Unternehmen in Deutschland sind sich einig: Künstliche Intelligenz ist die entscheidende Schlüsseltechnologie und wird bereits in den kommenden Jahren großen Einfluss auf Geschäftsmodelle und Unternehmensprozesse haben. Doch nur rund jedes vierte Großunternehmen verfügt über eine dezidierte KI-Strategie.
Laut einer Lünendonk-Studie trauen die befragten Unternehmen KI das Potenzial zu, ihre gesamte Branche disruptiv zu verändern. Erstaunlich sei angesichts dieser Einschätzung jedoch, dass nur 27 Prozent der analysierten Großunternehmen über eine dezidierte KI-Strategie oder überhaupt über eine Definition für KI verfügt (24 %).
Zudem befindet sich weniger als jedes zweite der wenigen KI-Projekte im Produktivbetrieb der befragten Unternehmen. Gründe hierfür sind unter anderem fehlende oder schlechte Daten, fehlendes Data-Science-Know-how sowie Hürden innerhalb der Organisation. Dazu gehört beispielsweise die mangelnde fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit, die bei KI-Projekten in der Regel unabdingbar ist.
Schlechte Datenqualität und -Architekturen rächen sich bei KI-Projekten
“Data is the new oil” – dieser Satz war in den vergangenen fünf Jahren häufiger zu hören. Wenn diese Analogie gilt, dann müsse konstatiert werden, dass die „Ölqualität“ in deutschen Unternehmen oft mangelhaft sei, Daten-Pipelines nicht zusammenpassen oder die einzelnen Unternehmensbereiche nicht bereit seien, ihre Daten zu teilen.
Die große Herausforderung gerade für Non-Start-up-Unternehmen sind IT-Altsysteme. „Mit einer sauberen Datenpflege und wohldefinierter Architektur lassen sich auch Alt-Lösungen integrieren. Aber in der operativen Umsetzung ist dies eine große Herausforderung für Unternehmen. Zudem sind Datenarchitekturen ein unliebsames Feld für sie, da der direkte Business Case nur schwer zu errechnen ist“, sagt Lars Godzik, Geschäftsführer von Ginkgo Management Consulting. Das Unternehmen war an der Durchführung der Analyse beteiligt.
Wenn die Hausaufgaben im Feld der Datenqualität und Datenarchitekturen allerdings nicht gemacht werden, dann liefern KI-Projekte falsche Ergebnisse und scheitern. Über 70 Prozent der Unternehmen sehen daher beim Punkt Daten eine große oder sehr große Herausforderung. Zudem gab über die Hälfte der Studienteilnehmer an, dass Know-how zur Umsetzung von Data-Science-Projekten im Unternehmen fehlt.
Fehlende Strategie bremst Unternehmen aus
Damit Unternehmen gut auf die Entwicklungen der Künstlichen Intelligenz vorbereitet sind, benötigen sie eine unternehmensweite Strategie, um die Unternehmens-IT einerseits gezielt zu modernisieren und andererseits Schritt für Schritt KI-Kompetenz innerhalb des Unternehmens aufzubauen.
Darüber hinaus müssen die organisatorischen Voraussetzungen geschaffen werden, sodass Fach- und Führungskräfte über ein solides Basiswissen im Themenfeld Künstliche Intelligenz verfügen, eine fachbereichsübergreifende Zusammenarbeit möglich ist und ein internes Kompetenzzentrum für Künstliche Intelligenz existiert, das den Fachbereichen bei der Umsetzung zur Seite steht.
„Nur wenn die Unternehmen hier planvoll vorgehen, können sie sich langfristig zu einer Data-driven-Company entwickeln. Und, das zeigen die Gespräche, nur mit einem klaren Commitment des Vorstands sind KI-Initiativen langfristig erfolgreich“, resümiert Geschäftsführer Jonas Lünendonk.
Heute bereits zahlreiche Anwendungsfälle und viel Potenzial
Künstliche Intelligenz sei längst nicht mehr so abstrakt, wie gelegentlich vermutet wird. In zahlreichen Unternehmensbereichen, wie Kundenservices, Marketing und Vertrieb sowie Produktion und Entwicklung, gibt es bereits vielfältige Anwendungsfälle, die in der Studie mit konkreten Beispielen aufgeführt sind.
Alle Studien-Gesprächspartner gehen davon aus, dass das Potenzial von KI in nahezu allen Unternehmensbereichen zukünftig sehr groß ist. Besonders stechen dabei Kundenservice sowie Marketing und Vertrieb als Aktionsfelder hervor. Beispielsweise durch eine individuelle und intelligente Interaktion an sieben Tagen die Woche und 24 Stunden am Tag versprechen sich die Unternehmen hier mehr Umsatz und zufriedenere Kunden. Generell stellten die Interviewpartner fest, dass KI in vielen Fällen dezidiert der Entscheidungsvorbereitung dienen soll, aber am Ende der Mensch die Entscheidung trifft.
Methodik: Für die Studie „Künstliche Intelligenz – Anwendungsfelder, Herausforderungen und Ziele von KI-Projekten in Großunternehmen und Konzernen“ befragte Jonas Lünendonk, Geschäftsführer des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Lünendonk & Hossenfelder, persönlich 33 CIOs, CDOs und KI-Verantwortliche aus Großunternehmen und Konzernen. Die Studie ist in fachlicher Zusammenarbeit mit Ginkgo Management Consulting und Ginkgo Analytics, Hamburg, entstanden.