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der digitalen Transformation

SAP als Enabler oder Stolperstein
der digitalen Transformation

Ihre Kunden leben bereits in der digitalen Welt. Nun wollen die großen IT-Anbieter ihnen ins gelobte Land folgen. Eifrig wurden in den letzten Jahren mit Hilfe von Strategieberatern Konzepte für die „Digital Transformation“ entworfen. Teilweise entstanden kühne Visionen, manchmal auch bodenständige Konzepte, um Geschäftsprozesse und Kundenbeziehungen des eigenen Unternehmens zu digitalisieren. Doch was als Blaupause in Sitzungen der Strategie- und Business Development-Abteilungen so leichtfüßig daherkommt, wird spätestens in den Händen der CIOs zu echter Kernerarbeit. Denn der Bedarf an Integration und Change Management ist enorm. Und es erfordert eine Menge neuer Qualifikationen sowie einen anderen Mind-Set, den viele traditionelle IT-Anbieter und IT-Dienstleister ihren Kunden leider nicht bieten können. Was also braucht es, um die digitale Transformation erfolgreich gestalten zu können? Und vor allem, was hat SAP damit zu tun? Ist der Riese aus Walldorf Enabler oder Stolperstein auf dem Weg zum digitalen Business? Mit dieser Frage beschäftigt sich Dr. Carlo Velten, Chefanalyst von Crisp Research
Dr. Carlo Velten ist Mitbegründer und Chefanalyst des jungen Research-Unternehmens Crisp Research. info@crisp-research.com

Dr. Carlo Velten ist Mitbegründer und Chefanalyst des jungen Research-Unternehmens Crisp Research. info@crisp-research.com

Das Motto des diesjährigen DSAG-Jahreskongress ist gut gewählt. So stehen die Key Notes von Dr. Marco Lenck (DSAG Vorstandsvorsitzender) und Bernd Leukert (Vorstand SAP SE für Produkte und Innovation) ganz im Zeichen der Kundenorientierung und Digitalisierung und sind mit „Customer First“ überschrieben. Folgt man der weiteren Agenda, so wird allerdings klar, dass das Thema „digitaler Wandel“ in der SAP-Community noch niemand wirklich auf den Nägeln brennt. So sind die mehreren hundert Vorträge hauptsächlich auf die klassischen SAP-Prozessthemen und –Produkte ausgerichtet. Aspekte wie Digitale Customer Experience, Multi-Channel Marketing, Mobile Commerce haben bislang keinen Platz gefunden. Immerhin gibt es ein paar Vorträge zum Thema User Experience – ein Bereich in dem SAP immer noch enormen Aufholbedarf hat. Glücklicherweise trägt die Initiative von Gründer Hasso Plattner hier erste Früchte, der das Thema aus seinen Think Tanks in Potsdam und Palo Alto heraus in den Konzern treibt. Trotzdem beherrschen die klassischen Themen die Diskussion. Die Frage, wie die SAP-Partner ihre Kunden fit für das digitale Business machen, bleibt im Hintergrund.

SAP als Backbone der neuen digitalen Geschäftsmodelle – gut aber nicht gut genug

Das ist problematisch und schade, denn SAP ist in einer unglaublich guten Ausgangsposition im Rennen um die digitale Transformation. Denn nur wenige CIOs und neu ernannte Chief Digital Officer (CDO) werden leugnen, dass die digitale Transformation von Prozessen und Geschäftsmodellen ohne eine Integration in die Backend-Systeme – sprich SAP – erfolgreich und zielführend sein kann. Dennoch fällt bei Diskussionen zu dem Thema mit verantwortlichen Managern und IT-Leitern nur selten der Name SAP. Im Hinblick auf die moderne, cloud-basierte Gestaltung der digitalen Kundenbeziehung setzen die Entscheider derzeit nicht auf SAP, auch wenn man über verschiedene Akquisitionen (z.B. Hybris) über entsprechende Lösungen verfügt. Exkursionen von Unternehmen, die sich Inspirationen und Lösungsideen holen wollen, führen diese meist ins Silicon Valley zu Salesforce, Google und kleinen Startups – nicht (mehr) nach Walldorf.

Hier mag der ein oder andere langjährige SAP-Partner anmerken, dass die alles gut und schön, aber wenig kritisch sei, solange die Anwender weitere ihre Kernmodule und die neue HANA-In-Memory-Datenbank kaufen. Dies mag aus Umsatz-und Lizenzperspektive kurz- und mittelfristig stimmen. Langfristig ist es für SAP und seine Partner-Community brandgefährlich, wenn man „nur“ noch als Lieferant für die langweiligen, komplexen Backend-Prozesse angesehen wird. Die Gefahr, aufs Abstellgleis zu geraten ist dann gegeben. Ruft man sich ins Gedaächtnis, welche Entwicklung der einstige Netzwerk-Primus Novell hinter sich hat, wird einem die Gefahr bewusst. Vom marktbeherrschenden Innovator mit toller Unternehmenskultur zum Schatten seiner Selbst in den Händen eines profitgeilen Private Equity Fonds.

Auch sollten die SAP-Partner den Kultur- und Generationenwechsel auf Seiten der IT-Entscheider nicht unterschätzen. So hat die heutige CIO-Generation zu großen Teilen ihre Karriere auf SAP aufgebaut. Aus- und Weiterbildung, Projektverantwortung und erste Erfolge – vieles davon basiert auf SAP-Projekten und SAP-Produkten. Standardisierung und Prozessdenken sind dieser Generation immer noch sehr wichtig. Doch wie ticken die „Next Generation CIO“, deren Ausbildung und berufliche Erfolge sich nicht auf SAP, sondern auf Web- und Cloud-Technologien begründen? Hier sollte man ein Auge drauf haben, denn persönliche Erfahrungen und Ausbildungswege prägen Entscheider und deren Einschätzung von Herstellern und Technologien deutlich stärker als man zunächst glauben mag.

Die digitale Transformation trifft auf die Anbieter und deren Partner

Die digitale Transformation ist nicht nur als Buzzword gut, um Kunden neue Lösungen und Cloud basierte Dienste zu verkaufen. Sie verändert auch nachhaltig das Geschäft und die Wettbewerbslandschaft auf der Anbieterseite. Das Management der Kundenbeziehung (Digital Customer Experience) steht in der digitalen Wirtschaft an erster Stelle. Und dies bedeutet mehr als nur CRM, sondern eine ganzheitliche Betrachtung der Kommunikation, Verkaufs- und Supportprozesse. Dies ist für die meisten großen Unternehmen ein ganz wesentlicher Erfolgs- und Differenzierungsfaktor. Wer hier als IT-Anbieter und –Dienstleister unterstützen kann, hat einen guten Platz in der Wertschöpfungskette gefunden. Doch hier sind neue Kompetenzen und neues Denken gefordert. So sind es vielfach neue Wettbewerber, die zur Überraschung von IBM, SAP, Microsoft und Co beim Thema digitale Kundenbeziehung reüssieren. So beschäftigt Dunnhumby, die Tochterfirma des Einzelhandelsriesen Tesco, mittlerweile mehrere tausend Mitarbeiter, die Analytics und Big Data-Projekt im Handel realisieren. Aber auch Startups im eCommerce-Backend und Analytics-Bereich werden für die großen Unternehmen immer wichtiger. Denn sie machen eines: sie verdienen Geld für ihre Kunden. Während die klassische IT bislang nur Kosten produziert. Kein Wunder, dass die Wahrnehmung und Wertschätzung sich derzeit entsprechend verschiebt.

 Weitere Beiträge von Crisp-Research Analysten finden Sie hier.

Was Sagen Sie dazu?

 Dr Carlo Velten hat eine wirklich spannende Frage aufgeworfen. Wenn Sie seine Auffassung kommentieren möchten oder noch besser, Ihre Sicht der Dinge zum Thema darstellen, jederzeit. Wir werden Ihre Postings schnellst möglichst veröffentlichen.

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