Investitionen in intelligente Fabriken („Smart Factories“) können in den nächsten fünf Jahren zu einer Effizienzzunahme in der Herstellung von 27 Prozent führen. Das entspräche einem Wertbeitrag zur globalen jährlichen wirtschaftlichen Wertschöpfung von rund 500 Milliarden US-Dollar. Das zeigt ein Bericht des Digital Transformation Institute (DTI) von Capgemini.
Häufig als Grundbaustein der „Digitalen Industrierevolution“ beschrieben, verwendet eine intelligente Fabrik digitale Technologien wie das Internet der Dinge, Big-Data-Analytics, künstliche Intelligenz und fortgeschrittene Robotertechnik, um damit Produktivität, Qualität und Flexibilität zu steigern. Typisch für eine smarte Produktion sind vernetzte Roboter, Augmented-Reality-Komponenten und Maschinen, die bei Wartungsbedarf selbständig entsprechende Benachrichtigungen verschicken.
Zum Ende des Jahres 2022 erwarten Hersteller, dass 21 Prozent ihrer Werke „smart“ sein werden. Branchen wie Luftfahrt und Verteidigung, industrielle Fertigung oder die Automobilbranche, in denen Menschen Hand in Hand mit intelligenten Maschinen arbeiten, werden als Vorreiter der Umstellung gehandelt.
Digitalisierung von Fabriken ist Pflicht, nicht Kür
Als Ergebnis stetiger Verbesserungen in der Produktivität, Effizienz und Flexibilität sollen smarte Fabriken erheblich von der Senkung der Betriebskosten profitieren. So wird im Bericht beispielsweise erwartet, dass der durchschnittliche Automobilhersteller seine Gewinnmarge mit Hilfe verbesserter Logistik und vergünstigter Materialkosten, Anlageneffektivität und optimierter Produktionsqualität um insgesamt 36 Prozent steigern könnte. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, habe die Mehrheit der Industrieunternehmen bereits mit der Digitalisierung ihrer Werke begonnen: Lediglich 16 Prozent der Befragten gaben an, dass sie zum jetzigen Zeitpunkt keine Smart-Factory-Strategie erarbeitet oder für die nahe Zukunft geplant haben.
Early adopter, darunter die Vereinigten Staaten und Westeuropa, seien bereits weit gekommen: in den USA, Frankreich, Deutschland und dem Vereinigten Königreich haben bereits die Hälfte der Befragten intelligente Fabriken umgesetzt. Ganz im Gegensatz zu Indien (28 %) und China (25 %), in denen weniger als ein Drittel der Befragten angaben, bereits smarte Fabriken eingeführt zu haben. Eine Trennung sei auch zwischen den Branchen zu erkennen: 67 Prozent der Industrieunternehmen und 62 Prozent der Unternehmen aus Luftfahrt und Verteidigung haben Pläne für smarte Fabriken. Etwas mehr als ein Drittel (37 %) der Gesundheits- und Pharmaunternehmen nutzen digitale Technologien und öffnen sich für industrielle Disruption.
Offensivere Schätzungen gehen von bis zu 1.500 Milliarden Dollar zusätzlichem Wertbeitrag für die globale Wirtschaft aus
Geld fließt in smarte Fabriken: Mehr als die Hälfte der Befragten (56 %) haben in den letzten fünf Jahren 100 Millionen Dollar oder mehr in die Planung smarter Werke investiert, bei 20 Prozent der Befragten waren es sogar 500 Millionen US-Dollar oder mehr.
Doch nach der Analyse des Digital Transformation Institute von Capgemini befindet sich nur ein kleiner Teil der Unternehmen (6 %) im fortgeschrittenen Stadium der digitalen Produktion. Darüber hinaus gaben nur 14 Prozent der Befragten an, dass sie mit ihrem Erfolgslevel „zufrieden“ seien.
Jedes 4. Produkt in Deutschland kommt dann aus einer Smart Factory
Da die Hersteller ihre Bestrebungen in Sachen Smart Factory erhöhen und die Erträge steigen, sagt der Bericht weitere Investitionen in die Digitalisierung voraus. Die Spitzenwerte der Prognose besagen, dass die Hälfte der Fabriken bis zum Ende des Jahres 2022 smart sein könnte und die gesteigerten Produktivitätsgewinne damit einen Wertbeitrag von bis zu 1.500 Milliarden Dollar zur Weltwirtschaft beitragen könnten.
„Die Studie verdeutlicht, dass wir uns jetzt in der digitalen Revolution befinden. Der Einfluss auf die Gesamteffizienz wird enorm sein“ sagt Dr. Markus Rossmann, Leiter des internationalen Kernteams der Digital Manufacturing Services bei Capgemini. „Die nächsten fünf Jahre werden entscheidend sein, da Hersteller ihre digitalen Fähigkeiten ausbauen und damit schneller zu digitalen Ergebnissen zum Vorteil der Firma gelangen. Für Deutschland sehen wir: 76 Prozent der Hersteller haben bereits oder planen in Kürze den Betrieb einer smarten Fabrik.“
So soll jedes vierte Produkt deutscher Hersteller in den nächsten 5 Jahren in einer Smart Factory hergestellt werden. Doch trotz der teilweise hohen Investments sind nur 12 Prozent zufrieden mit ihrem Fortschritt bei der Umsetzung smarter Fabriken, der durch Trägheit in den Organisationen und fehlende Wirtschaftlichkeitsberechnungen stockt. „Unter anderem durch die Bereitstellung erheblicher Budgets für die Weiterbildung von Mitarbeitern plant deshalb fast jeder zweite der von uns befragten Hersteller in Deutschland, die derzeitigen Schwierigkeiten bei der Digitalisierung von Fabriken aufzulösen“, so Rossmann.
Smarte Fabriken werden Nachfrage auf dem globalen Arbeitsmarkt verändern
Die Entwicklung hin zu smarten Fabriken soll den globalen Arbeitsmarkt verändern. Während vorherige Automatisierungswellen die Nachfrage nach gering qualifizierten Jobs reduzierten, haben Organisationen inzwischen die notwendigen Qualifikationen identifiziert und reagieren entsprechend. Befragte sehen die Automatisierung als Mittel zur Beseitigung von Ineffizienz und Overhead-Kosten statt als Jobgefährder.
Mehr als die Hälfte (54 %) der Befragten wird Mitarbeiter für digitale Kompetenz weiterbilden, 44 Prozent werden in die Akquisition digitaler Talente investieren, um Lücken bei Fähigkeiten zu überbrücken. Für hochqualifizierte Arbeitskräfte in Bereichen wie Automatisierung, Analytik und Cyber-Sicherheit werden die Beschäftigungsmöglichkeiten sogar steigen.
Grégoire Ferré, Chief Digital Officer bei Faurecia und Kunde von Capgemini dazu: „Bei Faurecia finden wir den größten Erfolg bei den Arbeitern, die Hand in Hand mit intelligenten Maschinen arbeiten. Zum Beispiel nutzen wir in unserem Werk intelligente Roboter dort, wo es ergonomische Herausforderungen gibt, schaffen damit letztlich ein sichereres Arbeitsumfeld für die Arbeiter und geben ihnen die Zeit, sich auf andere, wichtigere Aufgaben zu konzentrieren.“
Zu Faurecias Plänen für smarte Fabriken fügte er hinzu: „Die Inbetriebnahme smarten Fabriken auf der sprichwörtlichen grünen Wiese ist – genauso wie die Digitalisierung von Faurecias mehr als 300 bestehenden Werken – der Schlüsselbaustein zu unserem digitalen Transformationsprogramm. Wir sehen auch Erfolg im Modernisieren alter Prozesse zu höherer Effizienz, zum Beispiel die Umstellung unserer Produktionsstätten auf papierlose Fertigung oder den Einsatz von Technik als Bestandteil unseres Predictive-Maintenance-Programms – all das spart unseren Mitarbeitern Zeit.“
Methodik des Capgemini Smart Factories Report: In der Untersuchung, die von Februar bis März 2017 durchgeführt wurde, wurden 1.000 Führungskräfte befragt, die eine Rolle als Direktor oder höher in Fertigungsunternehmen mit einem gemeldeten Umsatz von mehr als 1 Milliarde USD einnahmen. Die Untersuchung wurde in sechs Branchen durchgeführt; Fertigungsindustrie, Automobil und Transport, Energie und Versorgung, Luftfahrt und Verteidigung, Gesundheitswesen und Pharmaindustrie und Konsumgüter. Es wurden qualitative und quantitative Interviews mit Direktoren aus den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, Frankreich, Deutschland, Schweden, Italien, Indien und China geführt.